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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Beobachtung<br />

277<br />

mensionen, sollte sich die Zeitspanne zwischen Geschehen und Aufzeichnung verringern.<br />

(...) <strong>Die</strong> Vergessensr<strong>at</strong>e ist in <strong>der</strong> Zeit (etwa 10 Std.) nach <strong>der</strong> Beobachtung am<br />

größten und in <strong>der</strong> darauf folgenden Zeit quantit<strong>at</strong>iv rel<strong>at</strong>iv geringer. (...) Daher sollte<br />

man möglichst direkt nach einer Beobachtung seine Aufzeichnungen machen, wenn<br />

sie während <strong>der</strong> Beobachtung selbst nicht möglich sind“ (Grümer 1974, 82, 83). Girtler<br />

notiert sich noch am selben Tag Schlagwörter und schreibt (o<strong>der</strong> diktiert) am<br />

nächsten Morgen die Inhalte (Girtler 1984, 140, 141).<br />

Obgleich die Beobachtungsprotokolle (ohne Beobachtungsschema) n<strong>at</strong>ürlich immer<br />

an Gegenstand und Zielsetzung <strong>der</strong> Forschung ausgerichtet sind, kann man doch einige<br />

Anhaltspunkte für eine Generalisierung liefern. Grundsätzlich gilt es, die Frage<br />

zu beantworten: „Wie handelt das Mitglied <strong>der</strong> zu beobachtenden Gruppe, aufgrund<br />

welchen Alltagswissens wird gehandelt, wie sehen die Interaktionen zwischen den<br />

Mitglie<strong>der</strong>n aus“ (Girtler 1984, 132; Hervorhebung im Original). Und Girtler entwickelt<br />

daraus folgende Protokollinhalte:<br />

aktive und passive Teilnehmer an den sozialen Situ<strong>at</strong>ionen,<br />

Gestaltung <strong>der</strong> sozialen Situ<strong>at</strong>ion (Intentionen, Str<strong>at</strong>egien <strong>der</strong> Teilnehmer),<br />

Einflüsse auf die soziale Situ<strong>at</strong>ion (Örtlichkeiten, Strukturen etc.),<br />

norm<strong>at</strong>ive Orientierungen <strong>der</strong> Teilnehmer,<br />

Regelmäßigkeit und Typik <strong>der</strong> sozialen Situ<strong>at</strong>ionen,<br />

Reaktionen <strong>der</strong> Teilnehmer auf Abweichungen,<br />

Unterschiede zwischen Gesagtem und Getanem (Girtler 1984, 133-138).<br />

Weitere (intrasubjektive) Fehlerquellen liegen darin, dass „je länger und/o<strong>der</strong> intensiver<br />

<strong>der</strong> Beobachter im zu beobachtenden Feld und den dort ablaufenden Interaktionen<br />

engagiert ist, die Möglichkeit verlorengeht, (...) angemessene K<strong>at</strong>egorisierungen von<br />

Situ<strong>at</strong>ionen, Verhaltensweisen und Einstellungen vorzunehmen. Der Beobachter<br />

übernimmt teilweise die Sicht <strong>der</strong> zu beobachtenden Akteure (‚going n<strong>at</strong>ive‘)“<br />

(Schnell & Hill & Esser 1999, 369).<br />

<strong>Die</strong>ses Problem von Identifik<strong>at</strong>ion (mit) und Distanz (zu dem Feld) kann nur tent<strong>at</strong>iv<br />

gelöst werden. Zu weitgehende Identifik<strong>at</strong>ion geht zu Lasten <strong>der</strong> Wissenschaftlichkeit,<br />

bei zu großer Distanz leidet das reale Handeln im Feld (Reaktivität). Beides reduziert<br />

die wissenschaftliche Erkenntnis (Lamnek 1995a, 234).<br />

Bei <strong>der</strong> teilnehmenden Beobachtung stellt sich also das Problem <strong>der</strong> Reaktivität in beson<strong>der</strong>er<br />

Weise: <strong>Die</strong> Anwesenheit des Beobachters im Feld kann (und wird) das Geschehen<br />

beeinflussen. <strong>Die</strong>ses Problem ist allerdings bei <strong>der</strong> teilnehmenden Beobachtung<br />

weniger gravierend als beispielsweise bei mündlich-persönlichen Interviews.<br />

Denn „während beim Interview die Aufmerksamkeit des Befragten sich im wesentlichen<br />

auf den Interviewer orientiert, ist bei Beobachtungen die Aufmerksamkeit <strong>der</strong><br />

Akteure weitgehend auf den abzuwickelnden Handlungsablauf (Arbeitsablauf, Diskussionsverlauf<br />

usw.) und nicht auf den Beobachter gerichtet. <strong>Die</strong>s ergibt sowohl für<br />

die Bewußtheit über die Forschungssitu<strong>at</strong>ion wie auch für die Gegenwärtigkeit von<br />

Konsequenzeinschätzungen erhebliche Unterschiede“ (Schnell & Hill & Esser 1999,<br />

370, 371).

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