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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Arbeitsfel<strong>der</strong> und <strong>Methode</strong>n kunsthistorischer Forschung<br />

Das Modell Panofskys geht vom stufenweisen Vordringen von <strong>der</strong> äußersten Hülle<br />

zum innersten o<strong>der</strong> tiefsten Sinn eines Kunstgegenstandes aus. Jede Stufe erfor<strong>der</strong>t einen<br />

höheren Grad an intellektueller Leistung und kultureller Bildung des Interpreten.<br />

<strong>Die</strong> Interpret<strong>at</strong>ion wäre dann gelungen, wenn <strong>der</strong> vom Wissenschaftler verfasste Text<br />

das Kunstwerk restlos durchdringt und sozusagen durch seine Auslegung zum Verschwinden<br />

bringt. Das Ziel <strong>der</strong> Auslegung ist mithin nicht so sehr das Kunstwerk,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> in ihm aufgehobene, verborgene, verschleierte Sinn, <strong>der</strong> – dieser Schluss<br />

ergibt sich aus dem Modell – im Prinzip als vor <strong>der</strong> Entstehung des Kunstwerks vorhanden<br />

vorausgesetzt werden muss. Positiv formuliert leitet Panofskys Modell dazu<br />

an, ein Kunstwerk durch Inhaltsdeutung mit zeitgleichen Gedanken, Tendenzen,<br />

Ideen, Weltanschauungen abzugleichen, um ihm so einen historischen Ort zuzuweisen.<br />

Es geht demnach weniger um Auslegung als um Ein- und Zuordnung o<strong>der</strong> Erklärung.<br />

Panofskys Modell h<strong>at</strong> auch in jüngerer Zeit immer wie<strong>der</strong> differenzierte Zustimmung<br />

erhalten (siehe Beyer Hg. 1992). Jenseits <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> praktikablen Umsetzung<br />

konnte das Modell in <strong>der</strong> Diskussion <strong>der</strong> achtziger Jahre unstrittig einen Ausgangspunkt<br />

für die theoretische Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Problem <strong>der</strong> Interpret<strong>at</strong>ion<br />

von Bil<strong>der</strong>n bieten. Es ist hier nicht möglich, die Panofsky-Kritik zusammenzufassen.<br />

Der Hinweis auf den immer wie<strong>der</strong> vorgebrachten Hauptpunkt mag genügen: Panofsky<br />

wird dem spezifischen Charakter eines gestalteten visuellen Gegenstandes<br />

nicht gerecht, da er sich auf die Erläuterung von dessen Botschaft (Sinn) konzentriert,<br />

was in <strong>der</strong> Praxis in aller Regel durch den Verweis auf einen mehr o<strong>der</strong> weniger passenden<br />

Text geschieht, <strong>der</strong> gleichsam als Schlüssel des Bildsinnes fungiert. Dagegen<br />

bleibt die Analyse und Erkenntnis <strong>der</strong> spezifischen Bedeutungsgenerierung eines visuellen<br />

Objekts aus.<br />

Panofsky h<strong>at</strong> selbst erkannt, dass sein Modell von einem bestimmten Kunstbegriff<br />

o<strong>der</strong> einem bestimmten, historisch fassbaren Typ visueller Gestaltung ausgeht. Dafür<br />

spricht, dass er ein zweites und drittes Modell versuchte, das er schließlich in einem<br />

Aufs<strong>at</strong>z präsentierte, <strong>der</strong> eine „Einführung in die Kunst <strong>der</strong> Renaissance” bieten will.<br />

Gerade für dieses Gebiet h<strong>at</strong> die ikonographisch-ikonologische Forschung unstrittig<br />

bedeutende Erträge geliefert, indem das Panofskysche Modell jenen zentralen Aspekt<br />

einer großen Gruppe von Gemälden und Plastiken <strong>der</strong> italienischen Renaissance festhält,<br />

<strong>der</strong> in <strong>der</strong> intendierten Konkurrenz des Bildes mit Poesie und Liter<strong>at</strong>ur besteht.<br />

Eine Übertragung des Panofskyschen Modells auf an<strong>der</strong>e Typen visueller Gestaltung<br />

– insbeson<strong>der</strong>e auf die Kunst <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne – ist problem<strong>at</strong>isch bzw. bietet sich nicht<br />

an, weil Panofsky grundsätzlich für ein Kunstwerk eine Abbildungsrel<strong>at</strong>ion annimmt.<br />

Schon dieser Aspekt stellte für die Kunstgeschichte <strong>der</strong> siebziger Jahre, als Panofsky<br />

im deutschsprachigen Raum wie<strong>der</strong> entdeckt wurde, eine Herausfor<strong>der</strong>ung dar. Wichtige<br />

Impulse lieferte Max Imdahl, <strong>der</strong> mit dem Begriff <strong>der</strong> „Ikonik” als eines Terminus,<br />

<strong>der</strong> auf die bildspezifische Weise <strong>der</strong> Bedeutungsgenerierung verweisen sollte,<br />

das Panofskysche Modell zu erweitern bzw. zu korrigieren suchte (Imdahl 1980).<br />

Eine neues grafisches Modell, das den Plan für eine umfassende historische Auslegung<br />

von Bil<strong>der</strong>n entwerfen sollte, versuchte Oskar Bätschmann (1992) 2 .<br />

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