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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Kollektive Erinnerungsarbeit<br />

347<br />

Sie verweist auf die Marxschen Thesen gegen Feuerbach und verschiebt die Aussage<br />

in den feministischen Kontext.<br />

„These 3: <strong>Die</strong> m<strong>at</strong>erialistische Lehre von <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Umstände und <strong>der</strong> Erziehung<br />

vergisst, dass die Umstände von den Menschen verän<strong>der</strong>t und <strong>der</strong> Erzieher selbst erzogen werden<br />

muss. Sie muss daher die Gesellschaft in zwei Teile – von denen <strong>der</strong> eine über ihr erhaben<br />

ist – sondieren. Das Zusammenfallen des Än<strong>der</strong>n[s] <strong>der</strong> Umstände und <strong>der</strong> menschlichen Tätigkeit<br />

o<strong>der</strong> Selbstverän<strong>der</strong>ung kann nur als revolutionäre Praxis gefasst und r<strong>at</strong>ionell verstanden<br />

werden.“ (Marx: Thesen über Feuerbach, 1ff. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, 818<br />

[vgl. MEW Bd. 40, 5ff.])<br />

Haug denkt Frauen als politische Subjekte und folgert daraus, dass Selbstverän<strong>der</strong>ung<br />

sowohl ein zwingendes Element und zugleich einen Bestandteil einer Verän<strong>der</strong>ung<br />

von Unterdrückungsverhältnissen darstellt. <strong>Die</strong>s postuliert zudem die Wirksamkeit<br />

von Befreiung als Selbstbefreiung und stellt gleichzeitig die individuelle Aktivität als<br />

Bedingungsvoraussetzung für gesellschaftliche Eingriffe dar (vgl. Haug 1999, 179).<br />

Weitere theoretische Grundlagen <strong>der</strong> Erinnerungsarbeit bilden die Kritische Psychologie<br />

(Klaus Holzkamp) und die Kritische Theorie (Adorno, Horkheimer, Bloch, Benjamin,<br />

Marcuse). Von Antonio Gramsci (1994) wurde eine Befreiungstheorie und -<br />

praxis formuliert, <strong>der</strong>en Theoreme <strong>der</strong> engen Verbindung von Selbstverän<strong>der</strong>ung und<br />

Gesellschaftsverän<strong>der</strong>ung von Frigga Haug direkt in das Projekt Erinnerungsarbeit<br />

übernommen wurden.<br />

„Wenn wir etwas verän<strong>der</strong>n wollen, wenn Frauenbewegung etwas verän<strong>der</strong>n und erreichen<br />

will, werden wir feststellen, dass unsere alten Persönlichkeitsstrukturen <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung im<br />

Wege stehen.“ (Haug 1990, 17)<br />

Vom methodischen Standpunkt aus verweist Frigga Haug darauf, dass kollektive Erinnerungsarbeit<br />

noch am ehesten mit <strong>der</strong> <strong>Diskurs</strong>analyse vergleichbar ist.<br />

3. Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> kollektiven Erinnerungsarbeit<br />

3.1 Subjekt-Subjekt-Rel<strong>at</strong>ion<br />

Kollektive Erinnerungsarbeit unterscheidet sich von traditionellen Forschungsmethoden<br />

in den Sozialwissenschaften vor allem durch ein verän<strong>der</strong>tes Verhältnis von Forschungssubjekt<br />

und Forschungsobjekt. <strong>Die</strong> Forscherinnen machen sich selbst zum<br />

Gegenstand ihrer Forschungsbemühungen. Das heißt, alle am Projekt Beteiligten sind<br />

Subjekte und gleichzeitig Objekte ihres eigenen Forschungsprozesses. <strong>Die</strong> Subjekt-<br />

Objekt-Rel<strong>at</strong>ion wird verschoben zu einer Subjekt-Subjekt-Rel<strong>at</strong>ion.<br />

3.2 Das Kollektiv<br />

„<strong>Die</strong> Arbeit mit Erinnerungen braucht ein Kollektiv, eine Gruppe, da an<strong>der</strong>s we<strong>der</strong> <strong>der</strong> herrschende<br />

gesunde Menschenverstand als solcher, noch die kritische Wi<strong>der</strong>rede, noch <strong>der</strong> Konsens<br />

in <strong>der</strong> Argument<strong>at</strong>ion, noch gegenläufige Erfahrungen und auch nicht die notwendige<br />

Phantasie mobilisiert werden könnten. Obwohl die <strong>Methode</strong> auf das Individuum setzt und eine<br />

entfaltete Individualentwicklung voraussetzt, überschreitet sie die Eingeschlossenheit <strong>der</strong> isolierten<br />

Einzelnen in Richtung auf eine Assozi<strong>at</strong>ion von Forschenden.“ (Haug 1999, 200, 201)

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