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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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<strong>Methode</strong>n theoretischer Forschung<br />

Vorgehen <strong>der</strong> Wissenschaften in Wahrheit doch eher Genie, Geschicklichkeit und<br />

kre<strong>at</strong>ive Begabung jener, die sie betreiben?<br />

1.3.2 Entdeckungszusammenhang und Begründungs-/Rechtfertigungszusammenhang<br />

Hinter dem in 1.3.1 genannten Problem scheint zunächst eine Verwechslung zu stehen:<br />

nämlich die <strong>der</strong> psychologischen mit den logischen bzw. begründungsmäßigen<br />

Aspekten am methodischen Vorgehen. Methodisches Vorgehen zeichnet sich dadurch<br />

aus, dass man für die einzelnen Schritte seiner Tätigkeit (z.B. das Hypothesenerstellen,<br />

das Erstellen von Experimenten, Befragungen etc., das D<strong>at</strong>ensammeln, das Beurteilen<br />

einer Hypothese angesichts <strong>der</strong> D<strong>at</strong>en etc.) eine für jeden Interessierten und einigermaßen<br />

Sachkundigen nachvollziehbare Begründung angeben könnte, warum<br />

man es so und nicht an<strong>der</strong>s tut. <strong>Die</strong>se Begründung muss intersubjektiv sein, d.h. sie<br />

darf nicht auf persönliche Erleuchtungen, ein subjektives starkes Gefühl, das eine<br />

Vermutung begleitet, o.ä. Bezug nehmen, und sie muss damit auch für die sachliche<br />

Kritik an<strong>der</strong>er offen sein. Bildlich gesprochen: Was in <strong>der</strong> Gedanken- und Gefühlswelt<br />

des Wissenschaftlers an solcher psychologischer Begleitmusik vorkommt, während<br />

er seiner Tätigkeit nachgeht, ist völlig belanglos für die Frage, ob sein Vorgehen<br />

„methodisch“ ist o<strong>der</strong> nicht. Es kommt nur darauf an, welche Qualität die (nachträglich<br />

erstellte) Begründung für sein Vorgehen h<strong>at</strong>. Ebenso än<strong>der</strong>n seltsame Umstände,<br />

unter denen manche Entdeckungen gemacht und manche fruchtbare Vermutungen erdacht<br />

wurden, 13 nichts an ihrer Begründbarkeit im Rahmen eines methodischen wissenschaftlichen<br />

Vorgehens. Vielfach wird hier vom „Entdeckungszusammenhang“<br />

und vom „Begründungs- bzw. Rechtfertigungszusammenhang“ gesprochen, die man<br />

sorgfältig auseinan<strong>der</strong> halten müsse. Damit ist freilich nicht gesagt, dass solche psychologischen<br />

Aspekte des wissenschaftlichen Tuns unbedeutend wären – ganz im Gegenteil,<br />

sie kennzeichnen entscheidend die Begabung o<strong>der</strong> geradezu Virtuosität, die<br />

wir an manchen Wissenschaftlern im Umgang mit den Gegenständen und <strong>Methode</strong>n<br />

ihres Fachs bewun<strong>der</strong>n, und sie bestimmen die Fortentwicklung <strong>der</strong> Wissenschaften<br />

n<strong>at</strong>ürlich ganz wesentlich mit.<br />

Noch offen ist damit freilich das Problem, ob aus <strong>der</strong> angesprochenen unterschiedlichen<br />

Fähigkeit verschiedener Menschen, bestimmten <strong>Methode</strong>n zu folgen bzw. sie<br />

anzuwenden, schon folgt, dass das angebliche „methodische Vorgehen“ <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

in Wahrheit doch nur die Anwendung unterschiedlicher kre<strong>at</strong>iver Begabungen<br />

ist. Aber aus dem bisher Gesagten wird vielleicht auch verständlich, dass es sich dabei<br />

um kein allzu grundsätzliches Problem handelt: Auch in an<strong>der</strong>en Lebensbereichen ist<br />

die Fähigkeit, bestimmte regelgeleitete, „methodische“ Tätigkeiten auszuführen, in<br />

sehr unterschiedlichem Grad über verschiedene Menschen verteilt (etwa die Fähigkeit<br />

des Geigespielens, des Schifahrens o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Buchhaltung, o<strong>der</strong> auch die Fähigkeit zur<br />

Erzeugung komplizierterter, aber korrekter Sätze in einer Sprache). Nur weil es<br />

höchst unterschiedlich begabte Geiger, Schifahrer, Buchhalter und Sprecher gibt,<br />

13 Immer wie<strong>der</strong> verwiesen wird auf den herabfallenden Apfel, <strong>der</strong> Isaac Newton die Idee zur<br />

Gravit<strong>at</strong>ionstheorie verschafft habe, o<strong>der</strong> die im Halbschlaf geträumte tanzende Schlange,<br />

die F.A. Kekulé die Idee zur Ringstruktur des Benzolmoleküls gegeben habe.<br />

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