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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Hubert Locher<br />

dium und <strong>der</strong> Interpret<strong>at</strong>ion von Werken visueller Gestaltung und ihrer Geschichte<br />

leisten.<br />

2.1 Gegenstandsbestimmung<br />

Zum Bereich <strong>der</strong> Gegenstandsbestimmung gehört zunächst die grundsätzliche theoretische<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Aufgaben des Faches: Was ist Kunst, was ist <strong>der</strong><br />

Gegenstand <strong>der</strong> Kunstgeschichte? <strong>Die</strong>se Frage wird teilweise von einer philosophischen<br />

Disziplin, <strong>der</strong> Ästhetik, behandelt, doch muss sich auch die Kunstgeschichte<br />

immer wie<strong>der</strong> neu damit auseinan<strong>der</strong>setzen, wie beispielsweise die Diskussionen um<br />

die Erweiterung des Kunstbegriffes in den 70er Jahren zeigten (Danto 1981/1991, vgl.<br />

Bätschmann 1990).<br />

Unter Gegenstandsbestimmung ist dann aber vor allem die Identifik<strong>at</strong>ion eines Objektes<br />

in kultureller, geographischer und zeitlicher Hinsicht und die m<strong>at</strong>erielle Bestimmung<br />

des Objektes zu verstehen. Es wird gefragt, in welcher Kultur, an welchem Ort<br />

und wann ein Gegenstand geschaffen worden ist und woraus er besteht. <strong>Die</strong> Gegenstandssicherung<br />

bewegt sich zwischen zwei Polen, jenem <strong>der</strong> Kennerschaft und dem<br />

an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> technisch-n<strong>at</strong>urwissenschaftlichen Identifik<strong>at</strong>ion.<br />

Kennerschaftliche Arbeit wird heute vor allem an den Museen und im Bereich des<br />

Kunsthandels betrieben. Der Kenner/die Kennerin stützt sein/ihr Urteil häufig auf das<br />

reflexartige Wie<strong>der</strong>erkennen bestimmter Merkmale in <strong>der</strong> Gestaltungsweise eines<br />

Künstlers, ohne dies Wie<strong>der</strong>erkennen immer näher begründen zu können o<strong>der</strong> zu wollen.<br />

Solches Wie<strong>der</strong>erkennen ist nur auf <strong>der</strong> Grundlage jahrelanger schwerpunktmäßiger<br />

Beschäftigung mit dem Werk eines Künstlers o<strong>der</strong> einer Künstlergruppe möglich,<br />

wobei von <strong>der</strong> Fokussierung auf ein Interessenzentrum ausgehend auch das Umfeld<br />

studiert wird. Scheinbar irr<strong>at</strong>ional und auf Intuition basierend, beruht Kennerschaft<br />

t<strong>at</strong>sächlich auf dem Prinzip des vergleichenden Betrachtens von Objekten, die gemäß<br />

durchaus klar definierbarer Kriterien in eine Reihe gebracht werden. Es handelt sich<br />

um ein wissenschaftliches Verfahren, das bereits im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t system<strong>at</strong>isch angewandt<br />

worden ist. Das Pionierwerk ist Johann Joachim Winckelmanns Geschichte<br />

<strong>der</strong> Kunst des Altertums (Winckelmann 1764). Man h<strong>at</strong> allerdings nur vereinzelt versucht,<br />

Kriterien für das kennerschaftliche Verfahren o<strong>der</strong> gar eine Theorie <strong>der</strong> Kennerschaft<br />

aufzustellen.<br />

Als Versuch einer solchen Grundlagentheorie kann George Kublers Buch „<strong>Die</strong> Form<br />

<strong>der</strong> Zeit” gelesen werden (Kubler 1962/1982). Ausgangspunkt ist die Feststellung,<br />

daß sich die Ausführung ähnlicher Gestaltungsaufgaben im Verlaufe <strong>der</strong> Zeit stetig<br />

verän<strong>der</strong>t und die Objekte einer Objektklasse sich entsprechend auch im Nachhinein<br />

chronologisch ordnen lassen (Reihe, Sequenz). Wenn dieses Ordnungsprinzip auch<br />

ohne Künstlernamen auskommen kann und die Objektklassen, z.B. für den Bereich<br />

<strong>der</strong> prähistorischen und archäologischen Objekte, entsprechend den Fundorten gebildet<br />

werden, so besteht die kennerschaftliche Arbeit im Bereich <strong>der</strong> Kunst <strong>der</strong> Neuzeit<br />

und teilweise auch des Mittelalters zu weiten Teilen im Versuch, einer bestimmten<br />

„Hand” ein Werk zuzuschreiben und das Gesamtwerk eines Künstlers chronologisch<br />

zu ordnen. Das Verfahren ist nur selten methodisch reflektiert und detailliert offengelegt<br />

worden. Eine bemerkenswerte Studie zu diesem Problem h<strong>at</strong> Alexan<strong>der</strong> Perrig<br />

am Beispiel <strong>der</strong> Zeichnungen Michelangelos vorgelegt (Perrig 1991).

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