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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Winfried Marotzki<br />

1.2 <strong>Die</strong> Konstitution sozialer Wirklichkeit in kulturellen Symbolsystemen<br />

System<strong>at</strong>ischer Ans<strong>at</strong>zpunkt einer Biographieforschung, das ist bisher also deutlich<br />

geworden, ist die Ordnung sozialer Wirklichkeit. N<strong>at</strong>ürlich gibt es hier Vorläufer: Der<br />

Ethnotheorie ging es beispielsweise darum, die Art und Weise, wie Angehörige einer<br />

Kultur ihre Objektwelt wie auch die soziale Welt ordnen, wahrnehmen, definieren<br />

und klassifizieren, zu verstehen.<br />

Der Königsweg, zu erforschen, wie man soziale Realität erfährt, ist, die Art und<br />

Weise zu erforschen, wie Angehörige einer Kultur über die soziale Realität auf <strong>der</strong><br />

Basis <strong>der</strong> Konstruktion <strong>der</strong> sozialen Wirklichkeit in kulturellen Symbolsystemen (z.B.<br />

Sprache) kommunizieren. Der system<strong>at</strong>ische Ans<strong>at</strong>z für die <strong>Methode</strong>nfrage bezieht<br />

sich also auf die Analyse <strong>der</strong> kulturell-symbolhaften Organis<strong>at</strong>ion <strong>der</strong> sozialen Wirklichkeit<br />

(nicht: Realität). Ich verwende den Symbolbegriff, ohne ihn explizit näher an<br />

dieser Stelle einzuführen, im allgemeinen Sinne. Er soll sowohl Sprache, Mimik, Gestik,<br />

wie auch soziale Rituale und Traditionen, Kunst, Religion und Wissenschaft beinhalten.<br />

Im weitesten Sinne schließe ich mich hier also einer wissenssoziologischen<br />

Fassung des Symbolbegriffs an (Berger & Luckmann 1969, 42).<br />

Biographieforschung in dem hier vertretenen Sinne ist nur durch das Nadelöhr <strong>der</strong><br />

kulturellen Symbolanalyse zu betreiben. Philosophisch gesprochen ist Subjektivität<br />

nur über <strong>der</strong>en kulturell-symbolische Manifest<strong>at</strong>ionen zu entschlüsseln. Aus diesen<br />

sind die Selbst- und Weltbezüge <strong>der</strong> Menschen zu verstehen. Ein Wissen über Biographien<br />

aufzubauen heißt also, durch die Auslegung <strong>der</strong> kulturell-symbolischen Manifest<strong>at</strong>ionen<br />

herauszubekommen, wie Angehörige einer bestimmten Kultur ein Verhältnis<br />

zu sich, zu ihrer n<strong>at</strong>ürlichen und sozialen Umwelt (Selbst-, Weltreferenzen)<br />

aufgebaut haben. Eine solche Formulierung spielt auf ein bildungstheoretisches Verständnis<br />

von Biographieforschung an, das bei mir zugrunde liegt, das ich jedoch an<br />

dieser Stelle aus Pl<strong>at</strong>zgründen nicht ausführe (vgl. dazu: Marotzki 1990).<br />

2. <strong>Methode</strong>n: Wie kann Forschung ein Wissen über<br />

Biographien aufbauen?<br />

Nachdem <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Biographie als Objekt <strong>der</strong> Biographieforschung methodologisch<br />

eingeführt worden ist und nachdem deutlich geworden ist, dass <strong>der</strong> methodische<br />

Ans<strong>at</strong>zpunkt in <strong>der</strong> Auslegung von kulturell symbolhaltigen menschlichen Manifest<strong>at</strong>ionen<br />

besteht, kann die <strong>Methode</strong>nfrage bearbeitet werden. Zunächst ist eine traditionelle<br />

Unterscheidung zwischen D<strong>at</strong>enerhebung und D<strong>at</strong>enauswertung hilfreich. Gerade<br />

im qualit<strong>at</strong>iven Design wird zwar mit Blick auf den Forschungsprozess die wechselseitige<br />

Verzahnung immer wie<strong>der</strong> betont, doch in analytischer wie auch in didaktischer<br />

Hinsicht ist diese Unterscheidung gerechtfertigt.<br />

1 Kohli und Robert (1984) sprechen in ihrer Einleitung davon, „dass die Biographieforschung<br />

die umfassendste Them<strong>at</strong>isierung von Subjektivität ist” (Kohli & Robert 1984, Einl., 4).

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