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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Psychoanalytische Sozialforschung<br />

169<br />

In Analogie zur Faszin<strong>at</strong>ion von Menschen unterschiedlicher geschlechtlicher, kultureller<br />

und gener<strong>at</strong>ionaler Zugehörigkeit ist wohl auch die wissenschaftliche Beschäftigung<br />

mit einem Forschungsgegenstand Ergebnis eines lustvollen Spiels mit Faszin<strong>at</strong>ion.<br />

So kann in rhetorischer Überzeichnung durchaus davon die Rede sein, dass nicht<br />

<strong>der</strong> Forschende seinen Forschungsgegenstand als vielmehr <strong>der</strong> Forschungsgegenstand<br />

seinen Forschenden sucht.<br />

1.3 Am Anfang steht Frustr<strong>at</strong>ion<br />

Frustr<strong>at</strong>ion als Reaktion auf einen Mangel steht zum Phänomen Neugier in Opposition.<br />

Während Neugier lustvolle Öffnung nach außen erlaubt, ohne mit dem Defizit<br />

einer aktuellen Situ<strong>at</strong>ion ha<strong>der</strong>n zu müssen, setzt Frustr<strong>at</strong>ion einen Beschaffungsprozess<br />

in Gang, <strong>der</strong> Missbehagen, Wut, Aggression zu reduzieren o<strong>der</strong> zu beseitigen<br />

sucht. Frustr<strong>at</strong>ion und Neugier sind dabei wenig komp<strong>at</strong>ibel. Es ist nötig, <strong>der</strong> durch<br />

Frustr<strong>at</strong>ion eingeschränkten Aufmerksamkeit hinreichend Sättigung entgegenzusetzen,<br />

um erneut lustvolle Neugier zulassen zu können.<br />

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass eine wertende Polarisierung von Frustr<strong>at</strong>ion<br />

und Neugier nicht zu argumentieren ist. Es ist klar, dass Frustr<strong>at</strong>ion auf möglichst effiziente<br />

Beschaffungsstr<strong>at</strong>egien zielt und sozusagen einen intrapsychischen Forschungsauftrag<br />

formuliert, <strong>der</strong> sich von <strong>der</strong> freien und ziellos assozi<strong>at</strong>iven Suchbewegung<br />

einer Neugier unterscheiden muss. Dabei sind jedoch die Vor- und Nachteile<br />

von Frustr<strong>at</strong>ion und Neugier auf <strong>der</strong> Suche nach Erkenntnis und Wahrheit noch lange<br />

nicht entschieden. Auch wenn <strong>der</strong> Faktor Neugier dem idealisierten Bild einer freien<br />

Wissenschaft in größerem Ausmaß zu entsprechen scheint, kann Frustr<strong>at</strong>ion in weiterem<br />

Unfang Klarheit über Forschungsinteresse und Forschungsziel bewirken. <strong>Die</strong>s<br />

setzt jedoch ein hohes Maß an methodologisch orientierter selbstreflexiver Basiskompetenz<br />

voraus. Als beson<strong>der</strong>e Schwierigkeit sei auf den Sachverhalt einer diffusen<br />

Frustr<strong>at</strong>ion hingewiesen, die sich als Grundstimmung bemerkbar macht und <strong>der</strong>en<br />

konkretes Defizit verborgen bleibt. Diffuse Frustr<strong>at</strong>ion mag zwar die Figur ihrer<br />

Suchbewegung in die Nähe frei assoziieren<strong>der</strong> Neugier rücken, doch an die Stelle<br />

lustvoller Offenheit tritt dysphorische Unruhe und Getriebenheit, die die Chance einer<br />

fokussierten Effizienz untergräbt.<br />

1.4 Am Anfang steht Irrit<strong>at</strong>ion<br />

Irrit<strong>at</strong>ion als unverhältnismäßig heftige emotionale Entgegnung auf eine scheinbar unbedeutende<br />

Gegebenheit führt zu aggressiver Gegenwehr o<strong>der</strong> zu gekränktem Rückzug<br />

aus <strong>der</strong> Situ<strong>at</strong>ion. Wird jedoch das Rätsel erkannt, das die eigene Reaktion enthält,<br />

kann Forschung sowohl im Sinne eines introspektiven Grübelns über sich und<br />

seine Reaktion als auch im Sinne einer Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Möglichkeiten einer<br />

verborgenen Bedeutsamkeit <strong>der</strong> irritierenden Gegebenheit beginnen. Wenn dabei eine<br />

hermeneutische Pendelbewegung zwischen eigener Reaktion, Reflexion <strong>der</strong> eigenen<br />

Reaktion und distanzierter Hinwendung zur irritierenden Gegebenheit gelingt, ist das<br />

Gebiet Psychoanalytischer Sozialforschung erreicht.<br />

Aus psychoanalytischer Perspektive sind gerade jene Bereiche interessant, die Irrit<strong>at</strong>ion<br />

bewirken, ohne sie begründen zu können. Es sei die touristische Metapher erlaubt,<br />

dass <strong>der</strong> Faktor Irrit<strong>at</strong>ion im Kontext Psychoanalytischer Sozialforschung den

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