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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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208<br />

Hubert Locher<br />

<strong>Die</strong> komplexe Figur – dargestellt in zwei Diagrammen – veranschaulicht, welche system<strong>at</strong>isch<br />

unterscheidbaren Aspekte für die Auslegung von Bil<strong>der</strong>n zu berücksichtigen<br />

sind. Wesentlich ist, dass nicht nur die Objektseite historisch und theoretisch reflektiert<br />

werden soll, son<strong>der</strong>n ebenso die Tätigkeit des Interpreten und die „historischsystem<strong>at</strong>ischen”<br />

Bedingungen, unter denen er arbeitet. Es fehlt jedoch die Berücksichtigung<br />

seiner subjektiven Position einschließlich <strong>der</strong> Reflexion über die spezifische<br />

Motiv<strong>at</strong>ion zu einer bestimmten Frageweise. Ausdrücklich wird aber angemerkt,<br />

dass das System nicht vollständig ist, und es sind in Diagramm I Fel<strong>der</strong> offen belassen.<br />

Bätschmanns Modell bezieht sich ausdrücklich nur auf die Auslegung von Werken<br />

<strong>der</strong> Malerei. Es ist jedoch durchaus denkbar, das Schema entsprechend für die Auslegung<br />

von Werken <strong>der</strong> Architektur o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er G<strong>at</strong>tungen visueller Gestaltung abzuän<strong>der</strong>n.<br />

Offensichtlich handelt es sich um ein Modell für die Auslegung eines einzelnen<br />

Werks. Es wird aber deutlich gemacht, dass eine solche Auslegung nur im historischen<br />

Kontext geschehen kann. <strong>Die</strong>ser historische Kontext ist vielfältig zu rekonstruieren<br />

– zunächst allgemein als eine Geschichte <strong>der</strong> Malerei, die wie<strong>der</strong>um Geschichten<br />

<strong>der</strong> Them<strong>at</strong>ik, <strong>der</strong> G<strong>at</strong>tungen, <strong>der</strong> Formen, <strong>der</strong> Herstellungsbedingungen, des<br />

künstlerischen Schaffens etc. einschließt. <strong>Die</strong> Interpret<strong>at</strong>ion des konkreten einzelnen<br />

Werks führt diese möglichen Geschichten zusammen. Das erläuterte Modell fokussiert<br />

aber zweifellos auf die Auslegung des Einzelwerks. <strong>Die</strong>s entspricht einer manifesten<br />

Tendenz in <strong>der</strong> kunsthistorischen Praxis. Im Raum stehen bleibt das Problem<br />

einer Geschichte <strong>der</strong> Kunst. Es stellt sich die Frage: „Können wir Geschichte nach <strong>der</strong><br />

Auslegung wie<strong>der</strong> konstruieren und welche Geschichte können wir machen?”<br />

(Bätschmann 1992, 164).<br />

Das Problem einer umfassenden „Geschichte <strong>der</strong> Kunst”, wie sie zumal von dem sogenannten<br />

allgemeinen Publikum immer noch stark nachgefragt wird, nimmt man in<br />

engeren wissenschaftlichen Zirkeln oft wenig ernst. Dennoch stellt diese große Geschichte<br />

das dialektische Gegenstück zur Interpret<strong>at</strong>ion dar und ist eine <strong>der</strong> aktuellsten<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen des Faches. <strong>Die</strong> vielfache Wie<strong>der</strong>aufnahme des Versuches in<br />

jüngster Zeit, eine kohärente „Geschichte <strong>der</strong> Kunst” darzustellen, kann demnach<br />

nicht pauschal als Rückfall in eine lineare Geschichtsauffassung, als unkritisches<br />

Festschreiben eines längst etablierten Kanons bewertet werden. Vielmehr ist durch<br />

den Paradigmenwechsel die Neustrukturierung des kollektiven Gedächtnisses gefor<strong>der</strong>t<br />

und <strong>der</strong> Weg frei gemacht für eine Geschichte <strong>der</strong> Kunst, die den Interessen und<br />

Fragen unserer Zeit ihren Pl<strong>at</strong>z einräumt.<br />

Eine <strong>der</strong> ersten Arbeiten, welche für eine Geschichte <strong>der</strong> Kunst Konsequenzen aus<br />

dem Paradigmenwechsel von <strong>der</strong> Stilgeschichte zur kulturhistorisch interpretierenden<br />

Kunstgeschichte gezogen h<strong>at</strong>, ist die von Ernst H. Gombrich bereits 1950 erstmals publizierte<br />

und seither mehrfach überarbeitete und erweiterte Geschichte <strong>der</strong> Kunst. Das<br />

Modell ist nicht das einer linearen Stilgeschichte, son<strong>der</strong>n einer Episodengeschichte,<br />

die eine vollständige Rekapitul<strong>at</strong>ion des Kanons zugunsten <strong>der</strong> prägnanten Erläuterung<br />

wesentlicher Aspekte <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Kunst in kohärent erzählenden Kapiteln<br />

aufgibt.<br />

Ohne theoretischen Anspruch, jedoch solidem Pragm<strong>at</strong>ismus folgend und somit ohne<br />

a priori fixierten Kunstbegriff arbeitet die ebenfalls äußerst erfolgreiche AWorldHis-

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