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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Zu den <strong>Methode</strong>n <strong>der</strong> Geschichtsforschung<br />

187<br />

Im letzten Jahrzehnt haben sich, was den Gebrauch st<strong>at</strong>istischer Verfahren angeht,<br />

eher die Möglichkeiten klassifizieren<strong>der</strong> Verfahren als für die Geschichtswissenschaft<br />

beson<strong>der</strong>s interessant herausgestellt. <strong>Die</strong> Möglichkeiten reichen dabei beispielsweise<br />

von <strong>der</strong> durch Bourdieu (Bourdieu 1984) bekannt gewordenen Korrespondenzanalyse<br />

(Greenacre 1984) für die Untersuchung des französischen Romans des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

(Hobohm 1992) bis zur Verwendung <strong>der</strong> Diskriminanzanalyse für Fragen <strong>der</strong><br />

Klassenbildung im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t (Hahn/Sprengnagel 1988). Dazu kommen Clusteranalyse<br />

und netzwerkanalytische Verfahren (Wassermann/Faust 1998), die etwa zur<br />

Untersuchung des Aufstiegs <strong>der</strong> Medici verwendet wurden (Padgett/Ansell 1993).<br />

<strong>Die</strong> gegebenen Möglichkeiten wurden aber zweifellos noch nicht ausgenutzt, vor allem<br />

<strong>der</strong> weite Bereich <strong>der</strong> nichtlinearen Modelle wurde in die historische Forschung<br />

bis jetzt nicht integriert.<br />

4. „Oral History“, „qualit<strong>at</strong>ive <strong>Methode</strong>n“, lebensgeschichtliche<br />

Ansätze etc.<br />

Am Höhepunkt des Erfolgs <strong>der</strong> quantit<strong>at</strong>iven Geschichte erschien ein programm<strong>at</strong>ischer<br />

Artikel mit dem Titel „the revival of narr<strong>at</strong>ive“ (Stone 1979). Lawrence Stone<br />

nahm zwar vor allem „erzählende“ Arbeiten zur frühen Neuzeit zum Anlass für seine<br />

Prognose einer Wie<strong>der</strong>kehr o<strong>der</strong> eines Wie<strong>der</strong>auflebens <strong>der</strong> Erzählung, t<strong>at</strong>sächlich<br />

wurde dieser Artikel auch zum Argument für die intensivierte Beschäftigung mit – im<br />

weitesten Sinn – Erzählquellen. Eine <strong>der</strong> einflussreichsten Bewegungen dabei wurde<br />

in den 1980er Jahren jene <strong>der</strong> „oral history“, <strong>der</strong> mündlichen Geschichte (vgl. nur<br />

Thompson 1978, Niethammer 1985). Mündliche Quellen und Traditionen wurden<br />

zwar immer wie<strong>der</strong> in historischen Arbeiten verwendet, sie wurden aber zumeist als<br />

eher zweifelhaft und vor allem als Lückenbüßer im Fall <strong>der</strong> Nichtverfügbarkeit an<strong>der</strong>er<br />

Quellen angesehen. <strong>Die</strong> Bewegung <strong>der</strong> oral history verband nun ein ganzes Bündel<br />

neuer Ansprüche mit <strong>der</strong> Verwendung mündlicher Quellen. Zunächst ging es darum,<br />

die authentische Perspektive <strong>der</strong> „einfachen Leute“ <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> „Mächtigen“<br />

einer Gesellschaft, die von vielen Historikern nicht ausreichend berücksichtigt worden<br />

wäre, gegenüber zu stellen. Daran wurde auch <strong>der</strong> Anspruch geknüpft, den „Alltag“<br />

als Feld <strong>der</strong> Geschichtswissenschaft zu behaupten. „Geschichte von unten“<br />

wurde zum Schlagwort für diese Ambitionen. <strong>Die</strong>se Bewegung, die sich bis heute allerdings<br />

großteils entwe<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> aufgelöst o<strong>der</strong> aber – in verschiedene Richtungen<br />

– stark weiterentwickelt h<strong>at</strong>, tr<strong>at</strong> mit großer Berechtigung an. T<strong>at</strong>sächlich war die Perspektive<br />

<strong>der</strong> „unteren“ Klassen und Schichten – selbst in <strong>der</strong> Sozialgeschichte, die<br />

sich mit ihnen beschäftigte – meist nicht berücksichtigt worden. Mögen die Erwartungen<br />

<strong>der</strong> Aufbruchsphase auch mitunter naiv – ganz analog zu den oben beschriebenen<br />

<strong>Methode</strong>n-Reform-Projekten – gewesen sein (die polemische Bezeichnung „Barfußhistoriker“<br />

überzog aber wahrscheinlich die Kritik), führte die praktische und historiographische<br />

Arbeit rasch zu einer intensiven Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Ethnographie<br />

(vgl. nur Clifford/Marc 1986), qualit<strong>at</strong>iver Sozialforschung (vgl. nur Strauss 1991),<br />

Erzähltextforschung (Gerbel/Sie<strong>der</strong> 1988), um nur einiges zu nennen (siehe weiters:<br />

von Pl<strong>at</strong>o 1991).

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