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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Ulrike Hugl<br />

Welches sind zentrale Kriterien für qualit<strong>at</strong>ive Interviews? Ein Kriterium ist zweifelsohne<br />

das Ausmaß <strong>der</strong> Standardisierung: Quantit<strong>at</strong>ive Befragungen sind weitestgehend<br />

standardisiert, d.h. sie gehen von einer oper<strong>at</strong>ionalisierten Wirklichkeitsdefinition<br />

aus und zwängen den Befragten in das vorab aufgestellte Fragenschema des Forschers,<br />

indem festgesetzte Antwortk<strong>at</strong>egorien vorgegeben werden. <strong>Die</strong>se „...Standardisierung<br />

kann verschieden weit gehen, so dass <strong>der</strong> Übergang zwischen offenem und<br />

geschlossenem Interview fließend ist“. (Kohli 1978, 7)<br />

Je nach dem Grad <strong>der</strong> Standardisierung bzw. Strukturierung verfügt <strong>der</strong> Forscher in<br />

teilstandardisierten bzw. teilstrukturierten Interviews über ein sogenanntes „Fragengerüst‘<br />

o<strong>der</strong> einen „Interviewleitfaden“, <strong>der</strong> einen Abriss <strong>der</strong> im Gespräch abzudeckenden<br />

Them<strong>at</strong>a bildet. Dabei bleibt allerdings <strong>der</strong> konkrete Verlauf des Gesprächs<br />

weitgehend offen und hängt stark von <strong>der</strong> Persönlichkeit <strong>der</strong> Beteiligten und <strong>der</strong>en Interaktion<br />

ab. Dem Befragten soll seitens des Interviewers – trotz des Interviewleitfadens<br />

– eine offene und unreglementierte Beantwortung <strong>der</strong> angesprochenen Themen<br />

offenstehen.<br />

<strong>Die</strong>se Ablehnung einer Prädetermin<strong>at</strong>ion durch den Interviewer führt zu einem weiterem<br />

Kriterium qualit<strong>at</strong>iver Interviews, nämlich jenem <strong>der</strong> Offenheit. <strong>Die</strong>ser Anspruch<br />

bedeutet für den Forscher die For<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Fähigkeit, gewonnene D<strong>at</strong>en richtig<br />

einzuschätzen.<br />

Eng mit dem Prinzip <strong>der</strong> Offenheit ist auch das Kriterium <strong>der</strong> Nicht-Beeinflussung<br />

verbunden, was bedeutet, dass die Führung des Interviews seitens des Interviewers<br />

auf ein Minimum beschränkt bleiben sollte. <strong>Die</strong>se Nicht-Beeinflussung wird versucht<br />

in <strong>der</strong> sogenannten nicht-direktiven Gesprächsführung zu verfolgen. Carl Rogers gilt<br />

als <strong>der</strong>en Begrün<strong>der</strong> und h<strong>at</strong> diese Art <strong>der</strong> Gesprächsführung im Laufe seiner Arbeit<br />

als Therapeut entwickelt. – Grundlage <strong>der</strong> nicht-direktiven Gesprächsführung bildet<br />

die Herstellung einer vertrauensvollen und „annehmenden“ Gesprächssitu<strong>at</strong>ion. Der<br />

Interviewte soll die Möglichkeit haben, seine Ausführungen möglichst unbeeinflusst<br />

darzulegen. Der Interviewer unterstützt dies durch sogenanntes „aktives Zuhören“,<br />

gelegentliche Zusammenfassung des Gesagten, um zu prüfen, ob das Gehörte auch<br />

richtig verstanden wurde, und nicht zuletzt im sogenannten „Spiegeln“ <strong>der</strong> vom Interviewten<br />

angesprochenen Gefühle. Fazit: Der Interviewer sollte alles daran setzen,<br />

eine wohlwollende Atmosphäre und Wertschätzung in die Gesprächssitu<strong>at</strong>ion einzubringen.<br />

13<br />

Eine Fragestellung seitens des Interviewers sollte darauf abzielen, dass <strong>der</strong> Befragte<br />

seine Antworten direkt darauf bezieht, gleichzeitig sollte sie allerdings so allgemein<br />

gestellt sein, dass die Vorstrukturierung durch den Fragenden weitgehend vermieden<br />

wird. <strong>Die</strong>se For<strong>der</strong>ung beschreibt ein weiteres Kriterium qualit<strong>at</strong>iver Interviews, nämlich<br />

die Spezifität, und kann am ehesten durch die Formulierung unstrukturierter Fragen<br />

unter Bezugnahme auf das Ausgangsthema eingelöst werden. Wichtige und erklärende<br />

Faktoren des Befragten, ausgelöst durch gezielte, dem Kriterium <strong>der</strong> Spezifität<br />

13 Gesprächsführungstechniken <strong>der</strong> nicht-direktiven Gesprächsführung, aufbereitet für sozialund<br />

wirtschaftswissenschaftliche Interview-Anwendungen, finden sich in Hugl (1995, 68 –<br />

86) – aus eher therapeutischer Sicht in Rogers (1985), Tausch & Tausch (1989) sowie Cohn<br />

1989.

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