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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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<strong>Methode</strong>n <strong>der</strong> Filmanalyse<br />

<strong>Die</strong> „Analyse von literarischen Werken” und die „Erforschung <strong>der</strong> Liter<strong>at</strong>urgeschichte<br />

auf Grund ihrer eigenen Begriffe” waren in <strong>der</strong> Anfangszeit des Formalismus<br />

konstituierende Momente. Man wandte sich gegen den Eklektizismus in <strong>der</strong> herrschenden<br />

russischen Liter<strong>at</strong>urwissenschaft, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Arbeit mit literarischen Werken<br />

unreflektiert und beliebig Anleihen bei den Nachbarwissenschaften machte. <strong>Die</strong> Orientierung<br />

<strong>der</strong> Formalisten nicht auf ein außerhalb <strong>der</strong> Liter<strong>at</strong>ur gelegenes Feld, son<strong>der</strong>n<br />

auf das System <strong>der</strong> Liter<strong>at</strong>ur selbst, nimmt Betrachtungsweisen vorweg, wie sie<br />

später maßgeblich werden in <strong>der</strong> Argument<strong>at</strong>ion gegen simple Wi<strong>der</strong>spiegelungstheorien.<br />

<strong>Die</strong> Betonung von M<strong>at</strong>erial und Verfahren gegenüber Inhalt und schöpferischer Inspir<strong>at</strong>ion<br />

führte bald zur Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Film, <strong>der</strong> damals schlechthin neuen<br />

M<strong>at</strong>erialkunst.<br />

„Für den Formalismus als ein <strong>der</strong> Praxisform nach spezifisches Redesystem, das durch den<br />

Kontakt mit einem an<strong>der</strong>en, dem russischen Futurismus, entschieden beeinflusst wurde, ist <strong>der</strong><br />

Schritt zum Film als einem neuen Redesystem Konsequenz <strong>der</strong> eigenen Evolution, eine Folge<br />

<strong>der</strong> im Ans<strong>at</strong>z semiotischen Ausrichtung auf die Korrelierbarkeit verschiedener Systeme nach<br />

Maßgabe ihrer jeweiligen Strukturgesetze.” (Beilenhoff, 1974, 139)<br />

Mit <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Liter<strong>at</strong>ur in ihrer Zeichenhaftigkeit legten die Formalisten<br />

den Grundstein für spätere Schulen wie den Prager Strukturalismus und an<strong>der</strong>e semiotische<br />

Denkrichtungen. Sie nahmen in Ansätzen Gedankengänge vorweg, die sich<br />

bei Roland Barthes und Michel Foucault wie<strong>der</strong>finden. Einige Theoretiker aus <strong>der</strong><br />

Frühzeit des Formalismus nehmen denn auch eine wichtige Rolle in <strong>der</strong> Konstituierung<br />

neuer Schulen ein, wie etwa Roman Jakobson für den Prager Strukturalismus. In<br />

seinem programm<strong>at</strong>ischen Aufs<strong>at</strong>z „Kunst als Verfahren” aus dem Jahr 1919 wendet<br />

sich Viktor Sklovskij gegen die damals häufig verwendete Definition von Kunst als<br />

„Denken in Bil<strong>der</strong>n”:<br />

„Je tiefer man in eine Epoche eindringt, desto klarer wird einem, dass ein Dichter Bil<strong>der</strong>, die<br />

man für sein geistiges Eigentum gehalten h<strong>at</strong>te, von an<strong>der</strong>en übernommen h<strong>at</strong> und sie fast<br />

unverän<strong>der</strong>t verwendet. <strong>Die</strong> ganze Arbeit dichterischer Schulen läuft hinaus auf das Anhäufen<br />

und Kundtun neuer Verfahren <strong>der</strong> Anordnung und Bearbeitung von Wortm<strong>at</strong>erialien, und zwar<br />

bei weitem mehr auf die Neuanordnung als auf die Erfindung von Bil<strong>der</strong>n. <strong>Die</strong> Bil<strong>der</strong> sind vorgegeben,<br />

und in <strong>der</strong> Dichtung gibt es weit mehr Erinnerung an Bil<strong>der</strong> als ein Denken in ihnen.”<br />

(Sklovskij, in: Striedter 1979, 5)<br />

Sklovskij, <strong>der</strong> die wesentlichsten Begriffe <strong>der</strong> formalistischen Bewegung mitgeprägt<br />

h<strong>at</strong>, verweigert sich damit einer ahistorischen Auffassung von Liter<strong>at</strong>ur ebenso wie einer<br />

Auffassung vom genialisch schöpferischen Autor. <strong>Die</strong> Anstöße zu Evolutionsschritten<br />

<strong>der</strong> Liter<strong>at</strong>ur liegen nach Ansicht <strong>der</strong> Formalisten nicht außerhalb <strong>der</strong> literarischen<br />

Werke, also in sozialen o<strong>der</strong> außerliterarischen Erscheinungen, son<strong>der</strong>n innerhalb<br />

<strong>der</strong> Liter<strong>at</strong>ur selbst. Parallel dazu nehmen die Neoformalisten einen ästhetischen<br />

Bereich an, <strong>der</strong> vom nichtästhetischen getrennt ist und eigenen Gesetzmäßigkeiten<br />

folgt. „Im Gegens<strong>at</strong>z zur Alltagswahrnehmung verwickeln uns Filme und an<strong>der</strong>e<br />

Kunstwerke in eine nicht-praktische, spielerische Form <strong>der</strong> Interaktion. Sie erneuern<br />

unsere Wahrnehmungsfähigkeiten und an<strong>der</strong>e mentale Prozesse, da sie keine unmittelbaren<br />

praktischen Anfor<strong>der</strong>ungen an uns stellen.” (Thompson 1995, 28) Autom<strong>at</strong>ismen<br />

in <strong>der</strong> Wahrnehmung von Kunstwerken müssen durch neue Verfahren aufgebro-<br />

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