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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Gruppendiskussionsverfahren<br />

gen Einzelner unter Gruppenkontrolle, so bereitete Mangold das Terrain für die Erforschung<br />

kollektiv verankerter Orientierungen.<br />

Anhand einer Reanalyse <strong>der</strong> Erhebungen des Frankfurter Instituts (Gruppendiskussionen<br />

mit Bergarbeitern und mit Frauen aus einem Flüchtlingslager) erkannte Mangold<br />

die empirische Evidenz des Kollektiven als diejenige einer zwanglosen bis euphorischen<br />

Integr<strong>at</strong>ion des Einzelnen in den in <strong>der</strong> wechselseitigen Bezugnahme sich steigernden<br />

<strong>Diskurs</strong>. Demgegenüber orientierte sich das theoretische Konzept <strong>der</strong> Gruppenmeinungen<br />

jedoch an dem (bis heute dominanten) Verständnis des Kollektiven<br />

nach Art <strong>der</strong> den Handelnden exterioren und mit Zwang ausgest<strong>at</strong>teten „faits sociaux<br />

im Sinne Durkheims“, wie Horkheimer und Adorno im Vorwort zur Studie von Mangold<br />

(1960, 7) hervorhoben. Nicht zuletzt diese Unvermittelbarkeit von empirischer<br />

Evidenz einerseits und theoretischem Rahmen an<strong>der</strong>erseits war es, die in <strong>der</strong> nun folgenden<br />

Etappe <strong>der</strong> theoretischen Modellierung des Konzepts <strong>der</strong> Gruppendiskussion<br />

die Rezeption <strong>der</strong> Arbeit von Mangold erschwerte.<br />

2.2.2 Beiträge des interpret<strong>at</strong>iven Paradigmas<br />

Erst gegen Ende <strong>der</strong> 70er Jahre wurde eine Wie<strong>der</strong>aufnahme <strong>der</strong> methodisch-methodologischen<br />

Diskussion über das Gruppendiskussionsverfahren in Angriff genommen.<br />

Beeinflusst von <strong>der</strong> AG Bielefel<strong>der</strong> Soziologen (1973) und unter Rückgriff auf<br />

Konzepte des Symbolischen Interaktionismus sowie <strong>der</strong> phänomenologischen Soziologie<br />

leisteten Nießen (1977) und Volmerg (1977) einen wesentlichen Beitrag zur<br />

Weiterentwicklung des Verfahrens. Volmerg kritisierte das Gruppendiskussionsverfahren<br />

unter Zuhilfenahme <strong>der</strong> klassischen Gütekriterien quantit<strong>at</strong>iver Sozialforschung.<br />

So verwies sie auf die fehlende Reproduzierbarkeit <strong>der</strong> Ergebnisse bzw. des<br />

Erkenntnisprozesses. <strong>Die</strong>se Reproduzierbarkeit ist Voraussetzung für die intersubjektive<br />

Überprüfbarkeit des Verfahrens und seiner Ergebnisse und somit Voraussetzung<br />

für dessen Reliabilität (Zuverlässigkeit): Auf Grund <strong>der</strong> fehlenden o<strong>der</strong> begrenzten<br />

Steuerungsmöglichkeiten durch das Interviewerpersonal ergebe sich eine nicht kontrollierbare<br />

Kontextabhängigkeit von Gruppendiskussionen, die eine Wie<strong>der</strong>holbarkeit<br />

ein und desselben inhaltlichen bzw. them<strong>at</strong>ischen Verlaufs, wie sie etwa ein standardisiertes<br />

Individualinterview garantiert, verunmögliche.<br />

<strong>Die</strong>se die mangelnde Reliabilität betreffenden Einwände werden auch heute noch in<br />

<strong>der</strong> einschlägigen methodischen und methodologischen Fachliter<strong>at</strong>ur, in <strong>der</strong> das<br />

Gruppendiskussionsverfahren Erwähnung findet, beinahe reflexartig aufgelistet (vgl.<br />

etwa Kromrey 1986, 128ff., Spöhring 1989, 216, Lamnek 1998, 74ff). Zumeist wird<br />

einzig die Erfüllung des Kriteriums <strong>der</strong> Validität dem Verfahren in eingeschränktem<br />

Maße zugebilligt.<br />

Dennoch waren sich Volmerg ebenso wie auch Nießen <strong>der</strong> Validität, also <strong>der</strong> Gültigkeit<br />

des Verfahrens, d.h. seiner Angemessenheit dem zu untersuchenden Gegenstand<br />

gegenüber, bewusst. Bei Volmerg (1977, 199) heißt es: „Äußerungen können nicht<br />

isoliert von <strong>der</strong> aktuellen und gesellschaftlichen Situ<strong>at</strong>ion ihrer Sprecher verstanden<br />

werden“, also u. a. nicht isoliert von den für ihre Meinungs- und Orientierungsbildung<br />

relevanten Bezugsgruppen. Insbeson<strong>der</strong>e an den letzten beiden Punkten werden bei<br />

Volmerg neben Einflüssen des interpret<strong>at</strong>iven Paradigmas auch solche <strong>der</strong> Aktionsforschung<br />

erkennbar. 1 Auch Nießen war zugleich dem interpret<strong>at</strong>iven Paradigma wie<br />

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