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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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<strong>Methode</strong>n theoretischer Forschung<br />

werden, dürfte psychologisch gesehen nämlich in kaum einem Fall stimmen. In Wirklichkeit<br />

werden Beobachtung und Theorie meist in unübersichtlicher Weise verbunden<br />

sein und sich gegenseitig beeinflussen. Neue Theorien scheinen mehr mit kre<strong>at</strong>iven,<br />

spekul<strong>at</strong>iven Entwürfen zu tun haben, sie entstehen häufig auf schmaler empirischer<br />

Basis o<strong>der</strong> werden primär dazu ersonnen, um gerade mit denjenigen Erfahrungsd<strong>at</strong>en<br />

fertig zu werden, die mit Vorgängertheorien schwer vereinbar waren; umgekehrt<br />

werden Beobachtungen und Experimente nicht aus ziellosem Interesse,<br />

son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Regel genau dazu angestellt, um neue Theorieentwürfe zu überprüfen<br />

etc. (siehe dazu auch den vorhergehenden Beitrag von Theo Hug).<br />

2.4.3 Nicht-induktive Reduktion<br />

Aber nicht alle reduktiven Wissenschaften gehen induktiv vor. Als Beispiel für nichtinduktive<br />

Reduktion sei einmal mehr auf die historischen Wissenschaften verwiesen.<br />

Dort wird das gesuchte A, die „historische Erklärung“ für B (o<strong>der</strong> besser die Verstehensgründe<br />

für B), in <strong>der</strong> Regel in an<strong>der</strong>en historischen Fakten bestehen und nicht in<br />

irgendeiner Verallgemeinerung von B.<br />

2.4.4 Induktiv gewonnene Prämissen für nicht-induktive Reduktionsprozesse<br />

Davon unabhängig wird bei <strong>der</strong> nicht-induktiv reduktiven Suche nach A aber häufig<br />

auch ein starker „Theorieanteil“ in Form von Verallgemeinerungen am Werk sein, die<br />

genau genommen nach Art eines induktiven Prozesses gewonnen wurden. Betrachten<br />

wir zur Erläuterung dieses Theorieanteils nochmals unser obiges archäologisches Beispiel:<br />

Wieso zieht man anfänglich überhaupt die Möglichkeit ins Kalkül, ein beson<strong>der</strong>s<br />

großer Bau könnte eine Festungsanlage sein? Weil man davon ausgeht, dass sich<br />

die Menschen <strong>der</strong> Bronzezeit irgendwie ähnlich verhalten haben wie die heutigen<br />

Menschen: dass es auch damals Unsicherheit und gewaltsame Konflikte gegeben h<strong>at</strong>,<br />

dass feste Anlagen an einem erhöhten Punkt im Gelände dabei ein Vorteil waren und<br />

weitere Ähnlichkeiten mehr. Und auch bei <strong>der</strong> späteren Verwerfung dieser Möglichkeit<br />

werden <strong>der</strong>lei Verallgemeinerungen eine Rolle spielen: etwa dass die Menschen<br />

verschiedener Epochen viel Bauaufwand in kultische Anlagen investiert haben. Also<br />

spielen beim Erkenntnisgewinn in denjenigen Wissenschaften, die (wie die historischen<br />

Wissenschaften) insgesamt nicht-induktiv reduktiv vorgehen, doch auch Erkenntnisse<br />

eine Rolle, die nach Art eines induktiv-reduktiven Prozesses, etwa aus dem<br />

Vergleich verschiedener historischer Gegebenheiten, gewonnen wurden.<br />

Liter<strong>at</strong>ur- und Medienverzeichnis<br />

Bocheñski, Joseph M.: <strong>Die</strong> zeitgenössischen Denkmethoden. 10. Aufl. München (Francke)<br />

1993. (UTB. 6)<br />

Chalmers, Alan F.: Wege <strong>der</strong> Wissenschaft. Einführung in die Wissenschaftstheorie. 3. Aufl.<br />

Berlin u.a. (Springer) 1994. (Originalausg.: Wh<strong>at</strong> is This Thing Called Science? St. Lucia<br />

1976, 2. Auflage 1982)<br />

Horkheimer, Max: Traditionelle und kritische Theorie (1937). In: Horkheimer, Max: Gesammelte<br />

Schriften IV: Schriften 1936-1941. Frankfurt a.M. (Fischer) 1988.<br />

König, Gert & Pulte, Helmut: Artikel „Theorie“. In: Ritter, Joachim & Grün<strong>der</strong>, Karlfried<br />

(Hg.): Historisches Wörterbuch <strong>der</strong> Philosophie Bd. 10. Basel (Schwabe) 1998, 1128-1154.<br />

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