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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Gruppendiskussionsverfahren<br />

331<br />

sind auch nur temporär, d.h. situ<strong>at</strong>iv gültig. Präferiert man dagegen die Strukturthese,<br />

sind die in konkreten Gruppen herausgearbeiteten Orientierungen, Meinungen<br />

und Einstellungen nur Epiphänomene für eine übergeordnete Struktur.<br />

Eng mit <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Prozess- o<strong>der</strong> Strukturhaftigkeit ist diejenige nach<br />

Emergenz o<strong>der</strong> Repräsentanz verbunden: In <strong>der</strong> prozessbetonten Sicht sind alle<br />

Diskussionen emergent. Sinn und Bedeutung <strong>der</strong> jeweiligen Diskussion erschließen<br />

sich Teilnehmenden wie auch den Interpretierenden nur aus dem unmittelbaren<br />

Kontext <strong>der</strong> Diskussion, sind also gebunden an die situ<strong>at</strong>ive Handlungspraxis<br />

<strong>der</strong> Beteiligten. Jede neue Diskussion <strong>der</strong> gleichen Gruppe ist in <strong>der</strong> Emergenzperspektive<br />

auch neu zu bewerten, da die Situ<strong>at</strong>ionsdefinitionen nur für die Zeit <strong>der</strong><br />

Diskussion gelten und insofern bei <strong>der</strong> nächsten Diskussion völlig an<strong>der</strong>s sein<br />

können. Insofern repräsentiert eine Gruppendiskussion in <strong>der</strong> Emergenzperspektive<br />

auch nichts, was über die Gruppen hinausgeht. <strong>Die</strong> Perspektive auf Repräsentanz<br />

dagegen erhebt explizit und theoretisch begründet diesen Anspruch.<br />

3. Zur Erhebungssitu<strong>at</strong>ion<br />

3.1 Eröffnung <strong>der</strong> Diskussion<br />

In <strong>der</strong> Eröffnungsphase <strong>der</strong> Diskussion stellen (nachdem mit Einwilligung <strong>der</strong> Beteiligten<br />

das Aufnahmegerät eingeschaltet wurde) die DiskussionsleiterInnen, falls sie<br />

noch nicht bekannt sind, sich selbst und das Erkenntnisinteresse des Projekts kurz vor<br />

(in unseren eigenen Untersuchungen steht die Gruppendiskussion in <strong>der</strong> Regel im<br />

Kontext einer teilnehmenden Beobachtung, sodass Forscher und Erforschte einan<strong>der</strong><br />

schon bekannt sind). Im zweiten Schritt werden die Regeln <strong>der</strong> (Erhebungs-)Kommunik<strong>at</strong>ion<br />

ausgehandelt bzw. vereinbart (wozu selbstverständlich auch die Zusicherung<br />

von Diskretion und Anonymität gehört). Als Voraussetzung für die Generierung von<br />

Selbstläufigkeit ist es wichtig zu betonen, dass die Angehörigen <strong>der</strong> Gruppe so miteinan<strong>der</strong><br />

reden sollten‚ wie sie dies auch sonst tun, und dass sich die Diskussionsleitung<br />

zunächst möglichst weitgehend zurückhalten möchte und erst später Nachfragen<br />

stellt. Im dritten Schritt wird die Eingangsfrage gestellt, mit <strong>der</strong> – wie bei allen Fragen<br />

seitens <strong>der</strong> Diskussionsleitung in <strong>der</strong> ersten Phase des <strong>Diskurs</strong>es – lediglich Themen,<br />

nicht aber Orientierungsgehalte vorgegeben und mit <strong>der</strong> erzählerische o<strong>der</strong> beschreibende<br />

Darstellungen initiiert werden sollen (z. B: „Wie waren denn Eure Erfahrungen<br />

beim Übergang von <strong>der</strong> Schule zum Beruf?“).<br />

3.2 Verlauf <strong>der</strong> Diskussion<br />

<strong>Die</strong> Gruppendiskussion stellt eine methodisch kontrollierte Verschränkung zweier<br />

<strong>Diskurs</strong>e dar (vgl. auch Bohnsack 2000a, 212): desjenigen <strong>der</strong> Erforschten untereinan<strong>der</strong><br />

mit demjenigen zwischen Erforschten und Forschern. 3 Ziel <strong>der</strong> Diskussionsleitung<br />

ist es, ersteren <strong>Diskurs</strong> soweit wie möglich in den Vor<strong>der</strong>grund treten zu lassen.<br />

Ist dies erreicht, sprechen wir von <strong>der</strong> „Selbstläufigkeit“ einer Gruppendiskussion.<br />

Mit <strong>der</strong> Fokussierung auf die Erzeugung von Selbstläufigkeit soll sichergestellt werden,<br />

dass die Relevanzsysteme <strong>der</strong> Erforschten zur Entfaltung gelangen, nicht diejenigen<br />

<strong>der</strong> Forscher.

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