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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Einführung in die Argument<strong>at</strong>ionsanalyse<br />

abgrenzt, bemüht sich die an<strong>der</strong>e Seite, das Konzept des logischen Schließens gewissermaßen<br />

zu rel<strong>at</strong>ivieren o<strong>der</strong> zu erweitern, um an die Strukturen des Argumentierens<br />

heranzukommen.<br />

Beide Zugriffe sind aber problem<strong>at</strong>isch und bleiben insbeson<strong>der</strong>e im Hinblick auf die<br />

strukturelle Ebene des Argumentierens auf halbem Wege stehen.<br />

Denn die konsensorientierten Ansätze beinhalten mit ihrem norm<strong>at</strong>iven Zugriff zwar<br />

eine klare Auffassung davon, was Argument<strong>at</strong>ion ausmacht und von an<strong>der</strong>en Kommunik<strong>at</strong>ionstypen<br />

unterscheidet, sind jedoch für die Argument<strong>at</strong>ionsanalyse wenig<br />

tauglich, weil ihre Kriterien und Regeln entwe<strong>der</strong> – wie in <strong>der</strong> <strong>Diskurs</strong>theorie – als<br />

Idealisierungen schon dem internen Verständnis nach nicht oper<strong>at</strong>ionalisierbar sind<br />

o<strong>der</strong> – wie in <strong>der</strong> Pragmadialektik – eher einen Standardisierungsversuch des Argumentierens<br />

als ein Analyse-Instrumentarium darstellen. Wenn es um die konkrete Untersuchung<br />

von Argumenten geht, greift man doch wie<strong>der</strong> auf logische Strukturen –<br />

bzw. wie Habermas auf das „liberalere” Toulmin-Schema 8 – zurück, st<strong>at</strong>t den Prozess,<br />

von dem die Rede ist, einer Analyse zugänglich zu machen. Darüber hinaus<br />

stellt sich die Frage, ob die Geltung einer These sich wirklich damit gleichsetzen lässt,<br />

dass sie, wenn auch unter bestimmten Kommunik<strong>at</strong>ionsbedingungen, akzeptiert wird.<br />

Demgegenüber steht für die argument<strong>at</strong>ionslogischen Ansätze die Analyse von Argumenten<br />

eher im Mittelpunkt. Aber sie sehen nur den st<strong>at</strong>ischen Zusammenhang zwischen<br />

Aussagen, beziehen also den Prozess des Argumentierens gar nicht ein, son<strong>der</strong>n<br />

them<strong>at</strong>isieren Argument<strong>at</strong>ion vorwiegend als eine schwächere o<strong>der</strong> leicht modifizierte<br />

Variante des logischen Schließens, allenfalls ergänzt um Elemente <strong>der</strong> Sprachkritik,<br />

wobei offen gelassen wird, worin das spezifisch Argument<strong>at</strong>ive darüber hinaus eigentlich<br />

bestehen soll. Daraus ergibt sich ein rel<strong>at</strong>iv unscharfer Argument<strong>at</strong>ionsbegriff,<br />

als dessen einzige wirklich klare Kontur, wenn auch unausgesprochen und ungewollt,<br />

letztlich ebenfalls nichts an<strong>der</strong>es als die formale Logik übrig bleibt. Zudem laufen<br />

sie mit ihrem deskriptiv-empirischen Verständnis ihrer eigenen Vorgehensweise<br />

Gefahr, argument<strong>at</strong>ive Geltung sogar mit bloß faktischer Akzeptanz zu identifizieren.<br />

Eine Perspektive, die darüber hinausführt, bietet <strong>der</strong> von Harald Wohlrapp entwickelte<br />

reflexiv-pragm<strong>at</strong>ische Ans<strong>at</strong>z (Wohlrapp 1990). Denn danach ist Argument<strong>at</strong>ion<br />

nicht als Entscheidungs- o<strong>der</strong> Rechtfertigungsprozedur aufzufassen, son<strong>der</strong>n als<br />

eine Praxis, die in den Bereich <strong>der</strong> Wissensbildung gehört und gegenüber dem alltäglichen<br />

Meinungsaustausch einerseits und dem system<strong>at</strong>ischen Wissensaufbau nach<br />

vorgegebenen methodologischen Standards an<strong>der</strong>erseits eine Zwischenstellung einnimmt.<br />

Argumentiert im eigentlichen Sinne wird gerade dann, wenn zwar ein Geltungsanspruch<br />

für eine Äußerung erhoben wird, aber situ<strong>at</strong>ionsinvariante Orientierungen, stabile<br />

Begriffe und gesichertes Wissen als Grundlage, von <strong>der</strong> aus das jeweils Behauptete<br />

über Ableitungsschritte erreicht werden könnte, noch nicht – o<strong>der</strong> nicht hinreichend<br />

– zur Verfügung stehen. Der argument<strong>at</strong>ive Klärungsprozess h<strong>at</strong> daher ein doppeltes<br />

Ziel: Einerseits kommt es darauf an, die jeweilige These als gültig o<strong>der</strong> nicht<br />

gültig auszuweisen. An<strong>der</strong>erseits muss zugleich die Voraussetzung für diesen Gel-<br />

8 Beson<strong>der</strong>s deutlich wird das in Habermas 1973, vgl. aber auch Habermas 1982 Bd.1, 56ff.<br />

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