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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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<strong>Methode</strong>n <strong>der</strong> Technikbewertung<br />

437<br />

sem Zeithorizont zusätzlich eintreten o<strong>der</strong> herbeigeführt werden könnten. Bei <strong>der</strong> Prüfung<br />

technischer Potentiale sind auch Ideen zu berücksichtigen, die zunächst scheinbar<br />

utopisch sind, bei näherer Betrachtung sich vielleicht aber doch als realisierbar erweisen<br />

könnten. In <strong>der</strong> Verkehrstechnik könnte das zum Beispiel eine unterirdische<br />

Röhrentrasse sein, in <strong>der</strong> die Fahrzeuge bei stark reduziertem Luftdruck mit sehr geringem<br />

Energieaufwand ähnlich dem Rohrpost-Prinzip bewegt würden;dasistzur<br />

Zeit n<strong>at</strong>ürlich eine technische Fiktion, die aber für eine langfristige Technopolitik nur<br />

dann ausgeschieden werden sollte, wenn man sich von <strong>der</strong> praktischen Undurchführbarkeit<br />

überzeugt h<strong>at</strong>.<br />

Schon an dieser Stelle wird deutlich, dass man sich das Untersuchungsschema nicht<br />

als einen linearen Ablauf vorstellen darf, <strong>der</strong> einfach Schritt für Schritt abzuarbeiten<br />

wäre. Vielmehr wird es immer wie<strong>der</strong> Rückkopplungen zu vorangegangenen Phasen<br />

und allfällige Modifik<strong>at</strong>ionen geben. Würde sich im Beispiel die Rohrpost-Bahn als<br />

nicht völlig unrealistisch erweisen, müsste man zur Beschreibungsphase zurückkehren<br />

und diese neue Lösungsidee in den K<strong>at</strong>alog <strong>der</strong> möglichen Techniken aufnehmen.<br />

Solche Rückkopplungen werden, wie im Bild angedeutet, auch im weiteren Verlauf<br />

immer wie<strong>der</strong> vorzusehen und gegebenenfalls mehrfach zu durchlaufen sein. Porter u.<br />

a. schlagen darum vor, nicht von Phasen o<strong>der</strong> Schritten zu sprechen, son<strong>der</strong>n die verschiedenen<br />

Teilaufgaben lediglich als „Bausteine <strong>der</strong> Technikbewertung“ zu bezeichnen,<br />

zwischen denen keine ein für allemal festgelegte zeitliche Reihenfolge besteht.<br />

<strong>Die</strong>ser wichtige Hinweis spiegelt den Übergang vom linearen zum strukturellen Denken<br />

wi<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sich in den Theorien des Problemlösens inzwischen allenthalben findet.<br />

Das Ablaufschema ist also lediglich als logisches Gerüst zu verstehen, in dem die<br />

verschiedensten heuristischen Prozeduren st<strong>at</strong>tfinden können.<br />

<strong>Die</strong> nächsten beiden Bausteine <strong>der</strong> Technikbewertung weiten die Betrachtung auf das<br />

gesellschaftliche Umfeld aus, in dem die jeweilige Technik einzusetzen ist. Sie haben<br />

die Aufgabe, die gegenwärtigen und zu erwartenden Bedürfnislagen, Verhaltensmuster<br />

und Rahmenbedingungen zu studieren, mit denen die jeweilige Technik in Wechselbeziehungen<br />

tritt. Als beispielsweise die Bundespost um 1980 – damals h<strong>at</strong>te sich<br />

noch nicht die Telekom als eigenes Unternehmen gebildet – den Bildschirmtext als<br />

universelles Kommunik<strong>at</strong>ionssystem in die priv<strong>at</strong>en Haushalte einführen wollte, wäre<br />

sie gut ber<strong>at</strong>en gewesen, zuvor die soziokulturellen Kommunik<strong>at</strong>ionsmuster <strong>der</strong> Menschen<br />

sorgfältiger zu untersuchen. Dass sich nämlich <strong>der</strong> Bildschirmtext, in <strong>der</strong> Verknüpfung<br />

von Telefon und Fernsehgerät, als eine <strong>der</strong> wenigen Innov<strong>at</strong>ionen des letzten<br />

Jahrzehnts erweisen sollte, die definitiv gescheitert sind, das hätte sich durch soziokulturell<br />

sensiblere Untersuchungen wahrscheinlich leicht voraussagen lassen.<br />

Nach solchen allgemeineren Betrachtungen, die wegen ihrer beson<strong>der</strong>en Komplexität<br />

bei vielen Technikbewertungen, wenn überhaupt, wohl nur skizzenhaft angestellt<br />

werden, wendet man sich in den nächsten Phasen den spezifischen Folgen <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Technik zu. Gab man sich früher mit <strong>der</strong> Erwägung zufrieden, dass eine technische<br />

Neuerung bei hinreichen<strong>der</strong> Funktionsfähigkeit dem Verwen<strong>der</strong> einen bestimmten<br />

Gebrauchsnutzen verschaffen und bei hinreichen<strong>der</strong> Verbreitung dem Hersteller<br />

einen angemessenen Gewinn sichern würde, geht die formelle Technikbewertung von<br />

<strong>der</strong> Einsicht aus, dass sich Technik prinzipiell auf alle Bereiche <strong>der</strong> n<strong>at</strong>ürlichen Umwelt<br />

und <strong>der</strong> soziokulturellen Lebenssitu<strong>at</strong>ion auswirken kann. Bei <strong>der</strong> Bestimmung

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