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Konzepte und Entwicklungsschritte für den Aufbau der Notfallselsorge

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VI. Die Rotschlammkatastrophe von Devecser aus Sicht <strong>der</strong> Notfallseelsorge<br />

heterogenen Gruppe mussten wir kooperieren. Wir waren ständig bemüht auszuwählen,<br />

wer wozu geeignet war. Hier<strong>für</strong> stan<strong>den</strong> uns Gespräche von jeweils drei Minuten zur<br />

Verfügung. In dieser Zeit mussten wir entschei<strong>den</strong>, wessen Kompetenzen bei einer<br />

Hilfeleistung wie weit reichte. Diese Aufgabe an sich wäre schon genug, aber wir waren<br />

nicht da<strong>für</strong> da. Hier gab es Extremfälle. Ein Mann wollte nicht im Rotschlamm<br />

herumgehen, weil er so Angst hatte. Ein reformierter Pfarrer hat nicht verstan<strong>den</strong>, dass<br />

wir keine Klei<strong>der</strong> sammeln, daher wollte er die Spen<strong>den</strong> nicht bei uns, son<strong>der</strong>n in einer<br />

Caritas-Zentrale abgeben.<br />

Der Pfarrer vor Ort benahm sich mit <strong>der</strong> Zeit auch sehr seltsam. Anfangs hatte er die<br />

Caritas empfangen <strong>und</strong> allen Platz geboten, ein paar Tage später aber meinte er, dass<br />

ihn alle bestehlen wür<strong>den</strong> <strong>und</strong> sich deshalb je<strong>der</strong> zum Teufel scheren sollte. Er hat<br />

wegen <strong>der</strong> Presse <strong>und</strong> <strong>den</strong> Caritas-MitarbeiterInnen ständig die Polizei gerufen <strong>und</strong> mit<br />

<strong>der</strong> Zeit hatte auch ich Angst, <strong>der</strong> Polizei erklären zu müssen, dass ich nichts<br />

mitnehmen wolle.<br />

An dem Tag ging ich nach Ajka, <strong>den</strong>n ein Teil <strong>der</strong> EinwohnerInnen von Kolontár war in<br />

<strong>der</strong> Turnhalle untergebracht <strong>und</strong> hatte darauf gewartet, nach Hause gehen zu können.<br />

Es gab keine Nachrichten, also waren auch diejenigen dort, die nicht in <strong>der</strong> Turnhalle<br />

übernachtet hatten. Es waren auch PsychologInnen anwesend, sie kannten aber<br />

nieman<strong>den</strong> <strong>und</strong> es war auch nicht einfach, das Vertrauen <strong>der</strong> jeweiligen an<strong>der</strong>en zu<br />

gewinnen.<br />

Die Medien waren überall präsent. Viele gaben Interviews, das war die beste Form,<br />

damals die Zeit zu verbringen. Einheimische haben z.B. erzählt, dass jemand, als <strong>der</strong><br />

Alarm losging, betrunken aus <strong>der</strong> Kneipe nach Hause ging. Er sagte, dass <strong>der</strong> Schlamm<br />

ihm egal sei, er wolle nur noch einen Schnaps. Wir haben gelacht. Am Samstag traf ich<br />

in Devecser auf Jugendliche, die die Werkzeuge aus ihren Heimen gerettet hatten. Einer<br />

<strong>der</strong> Jugendlichen hat erzählt, dass all die Werkzeuge seines Vaters hier wären <strong>und</strong><br />

wenn er <strong>den</strong> Verlust sehen würde, würde ihn das sehr belasten. Ein an<strong>der</strong>er Vater<br />

torkelte mit Tränen in <strong>den</strong> Augen auf die Straße. Er sagte, dass MitarbeiterInnen <strong>für</strong> ihn<br />

<strong>und</strong> seine Familie zum Neuanfang gesammelt hätten, er aber nie jemals auf Hilfe<br />

angewiesen war. Ich sollte im sagen, was jetzt passieren würde. Später traf ich auf<br />

einen Nachbarn. Sein Vater sagte ihm, dass er sein Haus als erster rot angestrichen <strong>und</strong><br />

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