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Konzepte und Entwicklungsschritte für den Aufbau der Notfallselsorge

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I. NFS als notwendiger Teil kirchlichen Handelns<br />

Reizstrom, <strong>der</strong> – egal, ob durch ein einmaliges heftiges Ereignis o<strong>der</strong> durch die<br />

Anhäufung von Reizen – die individuellen Belastungsgrenzen übersteigt. Klaus-Peter<br />

Jörns schreibt in seinem Artikel: „Zerstörtes Vertrauen - Zur traumatisieren<strong>den</strong><br />

Wirkung theologsicher Vorstellungen von Gott <strong>und</strong> Mensch <strong>und</strong> ihrer Überwindung“<br />

über das Trauma wie folgt: „Das Trauma betrifft eine umstürzende Erfahrung, die sich<br />

nicht mehr in <strong>der</strong> eigenen Welt integrieren lässt, in <strong>der</strong> man sich auskannte.“ 90<br />

Sigm<strong>und</strong> Freud 91 meint, dass das Wirksamwer<strong>den</strong> eines Traumas bedeutet, dass es dem<br />

Individuum nicht gelungen ist, ein Erlebnis zu integrieren <strong>und</strong> dass dieses als<br />

„Fremdkörper“ in <strong>der</strong> Psyche des Individuums verharrt.<br />

Dies wird bedingt durch:<br />

- die Empfindsamkeit des Individuums,<br />

- die Natur des Ereignisses, welches das perfekte Abreagieren ab ovo ausschließt<br />

- psychische / situationsbezogene Bedingungen, welche die entsprechende Reaktion<br />

verbieten o<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>n<br />

- psychische Konflikte, die die Abwehr <strong>der</strong> Ereignisse unmöglich machen. 92<br />

Das Trauma hat in seiner Definition eine psychologisch, sozial <strong>und</strong> psycho-politisch<br />

wechselvolle Entwicklungsgeschichte zurückgelegt. Freud sah zu Beginn seiner<br />

Laufbahn das Trauma durchaus als Folge von Gewalt- <strong>und</strong> Missbrauchserfahrungen an.<br />

Wohl in Anpassung an die Ideologien seiner Zeit beschrieb er posttraumatische<br />

Symptome <strong>und</strong> dissoziative Störungen bald als Wirkung von (sexuellen) Phantasien <strong>der</strong><br />

Betroffenen. 93 Spätere psychoanalytische Studien 94 hoben jeweils einen Aspekt des<br />

Traumas hervor <strong>und</strong> stellten es in <strong>den</strong> Mittelpunkt ihrer Untersuchungen. So wur<strong>den</strong><br />

von Ernst Kris gewalttätige <strong>und</strong> belastende (1956), von Masud M. Kahn kummulative<br />

(1963), von Anna Freud stumme (1968), von John Bowlby deprivatorische (1969), von<br />

Henry Krystal katastrophale (1978), von Joseph Sandler retrospektive (1967) <strong>und</strong> von<br />

Patricia M. Critten<strong>den</strong> ersetzende Traumata (1999) studiert.<br />

90<br />

JÖRNS, Zerstörtes Vertrauen, 107.<br />

91<br />

Die folgen<strong>den</strong> Informationen über Sigm<strong>und</strong> Freud <strong>und</strong> anschließende psychoanalytische Studien sind<br />

entnommen aus: BAKO, Sorstörés, 18.<br />

92<br />

Vgl. BAKO, Sorstörés, 18.<br />

93<br />

Vgl. LINDORFER, „Nicht mehr heimisch wer<strong>den</strong> in <strong>der</strong> Welt”, 78-86, 80-82. Lindorf vermittelt eine<br />

kompakte <strong>und</strong> engagierte Übersicht über die politisch motivierte Entwicklung <strong>der</strong> Traumatheorien. Zur<br />

jüngsten Diskussion zu Phänomenen <strong>der</strong> Dissoziation siehe: ELLERT / ONNO, Dissociation in Trauma: A<br />

New Definition and Comparison with Previous Formulations, 416-445.<br />

94<br />

Vgl. ebd. 19.<br />

42

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