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Konzepte und Entwicklungsschritte für den Aufbau der Notfallselsorge

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VI. Die Rotschlammkatastrophe von Devecser aus Sicht <strong>der</strong> Notfallseelsorge<br />

Nachricht über das Geschehene erhalten. Dann sprach sie wie<strong>der</strong> von dem H<strong>und</strong>, weil<br />

sie deshalb in <strong>den</strong> Nachrichten gezeigt wurde.<br />

Auf <strong>der</strong> Straße traf ich auf einen Mann, <strong>der</strong> Maschinen gewaschen hatte. Ich fragte ihn,<br />

was er brauchen würde. Er bat mich um eine Zigarette <strong>und</strong> fing an, zu diskutieren. Er<br />

erzählte, dass er alle Maschinen gehabt hätte, die er <strong>für</strong> das Haus benötigt hätte, <strong>und</strong><br />

jetzt kann er alles, was er seit seiner Kindheit gesammelt hat, wegwerfen. Er erzählte<br />

auch, dass er sehr früh verwaist war <strong>und</strong> deshalb alles alleine schaffen musste. Dann<br />

kam seine Frau <strong>und</strong> erzählte, dass sie, als die Lawine kam <strong>und</strong> alles weggeschwemmt<br />

hat, bemüht waren, sich festzuhalten. Die Flut hat die Nachbarstochter mitgerissen <strong>und</strong><br />

sie war am Ertrinken, schrie aber, dass jemand <strong>den</strong> Damm sperren sollte. Sie dachte,<br />

<strong>der</strong> Bach würde das Wasser des nahe gelegenen Teiches mitführen. Das wäre besser<br />

gewesen, <strong>den</strong>n dann wäre <strong>der</strong> Rotschlamm nicht geblieben.<br />

Gut ausgebildete ÄrztInnen sollen laut Fachliteratur hohen Stress überdurchschnittlich<br />

gut ertragen können. Meiner Erfahrung nach waren aber auch sie dankbar <strong>für</strong><br />

Gespräche mit Seelsorgern, gemeinsame Gebete <strong>und</strong> Segen.<br />

Am Donnerstag hatte ich das Gefühl, nicht mehr weitermachen zu können. Die<br />

Spannung in <strong>der</strong> Pfarre stieg immer mehr an. Die Caritas <strong>und</strong> <strong>der</strong> Pfarrer bekriegten<br />

sich <strong>und</strong> ich wollte keiner Partei <strong>den</strong> Rücken zukehren. Ich kam, um zu helfen, gehörte<br />

aber zu niemandem. Ich fühlte, dass ich gekommen war, um meine Arbeit zu tun. Ich<br />

war oft in <strong>der</strong> Pfarre <strong>und</strong> sprach mit Freiwilligen, die sich ebenfalls darum stritten, wer<br />

was beaufsichtigen sollte. Es waren richtige Machtkämpfe. Überall war die Spannung<br />

deutlich spürbar. Auch im Büro brach <strong>der</strong> Streit aus. Dabei wurde deutlich, dass<br />

Freiwillige in dieser Atmosphäre nicht länger arbeiten konnten. Die Caritas begann<br />

ihre Sachen zu packen <strong>und</strong> auch ich sagte, dass ich die nächsten Tage nicht kommen<br />

würde. Ich war müde <strong>und</strong> ging deshalb ohne Schutzausrüstung auf die Straße, ohne auf<br />

mich selbst zu achten. Bei einem Haus wollte man <strong>der</strong> Kirche ein Marienbild schenken,<br />

ich habe es nicht einmal registriert. Bei einem an<strong>der</strong>en Haus, wo es eine Gärtnerei gab,<br />

zeigte mir <strong>der</strong> Eigentümer, wie seine Pflanzen verkümmert waren. Ich fühlte, dass mich<br />

das Gesehene überlastete <strong>und</strong> ich nicht länger auf <strong>den</strong> Beinen bleiben konnte, ich ertrug<br />

diese Belastung innerlich nicht mehr.<br />

Seit damals bin ich immer wie<strong>der</strong> in <strong>den</strong> betroffenen Gemein<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n meistens suchen<br />

mich österreichische Spen<strong>den</strong>organisationen auf. Wir waren bemüht zu helfen, aber<br />

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