Konzepte und Entwicklungsschritte für den Aufbau der Notfallselsorge

VI. Die Rotschlammkatastrophe von Devecser aus Sicht der Notfallseelsorge
eingetroffenen Gelder ist nicht nachvollziehbar. Auf lange Sicht gesehen können
Hilfsorganisationen bei einer weiteren Katastrophe einen Teil der SpenderInnen
verlieren, denn die Gelder wurden nicht geschickt, damit sie in einem nationalen
Schadenfonds landen.
Entsprechend der bisherigen Praxis haben Hilfsorganisationen ihre Arbeit begonnen,
Gelder und Naturalien wurden zuerst gesammelt und dann verteilt. Diesmal sind aber
weniger Spenden eingegangen. Deshalb wurde der Kreis der als notleidend erachteten
Personen ausgeweitet. So wurde zum Beispiel in Kolontár für alle EinwohnerInnen
gekocht. Diejenigen aber, deren Haus und Küche intakt geblieben sind, wollten nicht
gratis essen und hätten sich sogar noch geschämt, wenn sie sich zu den Personen hätten
gesellen müssen, die regelmäßig von Spenden leben. Die Hilfsorganisationen waren
bemüht, diese interne Schwierigkeit zu lösen, indem sie neben der zentralen
„Gulaschkanone“ zahlreiche Kisten an Obst und Gemüse zur Verfügung stellten, an
denen sich das ganze Dorf bedienen konnte. Später wurden Hilfspakete ein oder
mehrere Male am Tag ausgeliefert, auch an EinwohnerInnen, deren Häuser nicht
beschädigt waren. Sie haben mehrmals pro Woche Lebensmittel bekommen, denn, wie
die Einheimischen gesagt haben, „es würde sowieso nur verfaulen“. Die Frage, wer
notleidend ist und wer in welchem Maße unterstützt werden sollte, wurde ständig
gestellt.
Es gab auch Personen, die nicht immer zu Hause waren. Damit Spenden auch in so
einem Fall den richtigen Platz fanden – und diese Personen nicht benachteiligt wurden,
weil sie arbeiteten –, wurden diese Güter in Kisten gepackt und an die Zäune gehängt.
Die verschiedenen Hilfsorganisationen haben erst einen Monat nach der Katastrophe
begonnen, miteinander zu kooperieren, aber die Kommunikation war selbst dann nicht
allen Organisationen wichtig. Es gibt noch drei Monate nach der Katastrophe
Organisationen, die nicht gewillt sind, mit anderen Organen vor Ort zu kooperieren. So
kann es passieren, dass Notleidende von mehreren Organisationen das Gleiche
bekommen. Es kommt aber auch vor, dass manche sich um Güter anstellen, die gar
nicht dort wohnen. Aus dieser Situation ist also gut ersichtlich, dass für bestimmte
Personen selbst „alles Geld auf Erden“ nicht genug ist und man aus dem Elend Anderer
einen Nutzen ziehen möchte, andere wiederum nehmen nicht einmal, was ihnen zusteht.
Einmal, als wir Güter umgeladen haben, haben Personen vor Ort zu schreien
287