Konzepte und Entwicklungsschritte für den Aufbau der Notfallselsorge

I. NFS als notwendiger Teil kirchlichen Handelns
eine Unterbrechung der Verbindung zwischen bestimmten Bereichen des Gehirns und
ein Ausschalten des sensomotorischen Gedächtnisses sein. Gleichzeitig entstehen z.B.
Gedankenflucht, verzerrte Objektbeziehungen, inadäquate, intensive Gefühlsreaktionen,
primitive Abwehrmechanismen und unkontrolliertes Verhalten. Bessel van der Kolk ist
der Ansicht, dass diese Ereignisse in erster Linie auf sensomotorischer Ebene
gespeichert werden. Die Kodierung bedrückender, emotionaler Ereignisse erleidet eine
Störung, daher können Erinnerungsspuren aus dem kodierten Gedächtnis nicht entfernt
werden. 106
Eine allgemeine Begleiterscheinung traumatischer Ereignisse ist die integrale
Gefährdung von Leib und Leben bzw. die direkte Konfrontation mit dem Tod.
Traumatische Ereignisse lassen das Individuum einer extrem erlebten Hilflosigkeit und
Furcht entgegenblicken und können Katastrophenreaktionen wie Panik, Stimmversagen
und Einsamkeitsgefühle hervorrufen. Gemeinsame Charakteristika der psychischen
Traumata sind Gefühle wie Angst, Ausgeliefertheit, Zerstörung und Kontrollverlust. Als
Ergebnis des Gefühls der Hilflosigkeit und des Kontrollverlustes wird die alles
bestimmende Furcht, dass man nicht in der Lage ist, das einem/r widerfahrene Übel zu
vergessen, zum dauerhaften Lernerlebnis. Wir benutzen die Beschreibung des
körperlichen und geistigen Zustandes der post-traumatischen Belastungsstörung
(PTSD) 107 im diagnostischen Sinne. Diese ist charakterisiert durch Ruhelosigkeit oder
Depression. Die Person erlebt das Trauma wieder und wieder in Form starker
Flashbacks und von Albträumen, wendet sich der Außenwelt mit verringertem Interesse
zu und leidet an mehr oder weniger physischen Symptomen wie Hypersensibilität oder
Schlafstörungen. Der Prozess ist endgültig, denn beide Zustände, der der Erinnerung
und des Vergessens, können bestehen, der traumatisierte Mensch ist dem traumatischen
Ereignis näher oder ferner – wie ein unterbrochener Bericht, der sich im Kreis dreht.
Erlebte bedrückende Ereignisse und schmerzhafte Erinnerungen kehren immer wieder,
während die Person sich eigentlich bemüht, diese aus ihren Erinnerungen zu verdrängen
oder zu vermeiden. Versuche, das innere Gleichgewicht zurückzugewinnen und wieder
funktionsfähig zu sein, scheitern hoffnungslos und verzweifelt. 108 Die Phänomenologie
bzw. der Verlauf der PTSD ist seit mehr als einem Jahrhundert bekannt. Hier muss aber
106 Vgl. VAN DER KOLK /BLITZ / BURR, Nightmares and Trauma, 187-190.
107 Vgl. BADDELEY, Human memory, 645. (benutzt man auch :ICD-10, DSM-IV-TR)
108 Vgl. KISS, Trauma, 53.
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