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Bieler Jahrbuch 2007 - mémreg - regionales Gedächtnis

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Non-Lieu<br />

11. BIELER FOTOTAGE<br />

Jeannine Hangartner, Catherine Kohler<br />

Die 11. Auflage der <strong>Bieler</strong> Fototage (7.–30. September<br />

<strong>2007</strong>) stellte das junge Schweizer Fotoschaffen in den<br />

Mittelpunkt und präsentierte die aktuellen Arbeiten<br />

von 17 Fotografinnen und Fotografen sowie zweier<br />

Kunstklassen, die sich auf unterschiedlichste Weise<br />

dem Thema «Non-Lieu» annäherten. Die 11 Ausstellungsorte<br />

säumten einen Weg, der vom <strong>Bieler</strong><br />

Bahnhof über das Museumsviertel in die Altstadt<br />

führte. 3500 Besucher haben in den drei Festivalwochen<br />

vom Angebot Gebrauch gemacht und sind<br />

von Ausstellung zu Ausstellung flaniert.<br />

Nicht-Orte evozieren eine Art Abwesenheit: Wenn<br />

ein Raum nicht belebt und bespielt wird, verliert<br />

er seine Sichtbarkeit. Gerade die Moderne hat eine<br />

Unzahl solcher Orte hervorgebracht. Im Unterschied<br />

zu jenen, die von ihren Bewohnern geformt wurden<br />

und aus denen Identität und Gemeinschaftsgeist<br />

hervorgehen, enthalten Nicht-Orte kaum Spuren<br />

des Individuums. Wir durchqueren sie, wir machen<br />

von ihnen Gebrauch, ohne dass wir sie uns zu eigen<br />

machen. In den ausgestellten Fotoserien tritt der<br />

menschliche Körper in den Hintergrund. Öffentliche<br />

Plätze, Banken, Gefängnisse, Labore, Freizeitparks,<br />

verlassene Strände, psychiatrische Praxen, Hotels<br />

oder Wüsten sind Motive, welche die Frage nach der<br />

Verankerung des Individuums in der Gemeinschaft<br />

stellen, indem sie architektonische Strukturen und<br />

deren Einfluss auf den Ort visuell erkunden.<br />

In seinem Buch «Non-lieux» (1992) beschreibt Marc<br />

Augé diese namenlosen Räume. Anthropologisch<br />

betrachtet, definieren sie sich über ihre Funktion; sie<br />

erlauben dem Menschen jedoch nur die Begegnung<br />

mit den Grundformen der funktionellen Architek-<br />

tur, welche die Entstehung einer irgendwie gearteten<br />

Identität des Ortes verunmöglichen. Geformt<br />

werden sie von einer Ausstattung, die sich nach den<br />

Erfordernissen des beschleunigten Personen- und<br />

Güterverkehrs (Autobahnen, Bahnhöfe, Flughäfen)<br />

sowie den Fortbewegungsmitteln selbst (Autos,<br />

Züge, Flugzeuge) richtet. Gleichermassen finden<br />

wir sie in den austauschbaren Zimmern grosser<br />

Hotelketten, in den Supermärkten oder auch in den<br />

endlosen Durchgangslagern, wo die Flüchtlinge<br />

dieser Erde geparkt werden.<br />

Diese Un-Orte sind demnach die Wahrzeichen eines<br />

Umbruchs unserer neuzeitlichen Welt, in der die<br />

lokalen Eigenarten zunehmend von einer internationalen<br />

Gleichförmigkeit überlagert werden. Ihre<br />

Austauschbarkeit weckt beim Betrachter keinerlei<br />

Interesse. Zudem scheint die ihnen zugrunde gelegte<br />

Vergänglichkeit ihnen jedwede Erinnerung geraubt<br />

Aus der Serie «Dahab».<br />

Foto: Joel Tettamanti<br />

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