Bieler Jahrbuch 2007 - mémreg - regionales Gedächtnis
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Möösli 1, kurz nach dem<br />
Einzug der ersten Familien.<br />
Archives de la construction<br />
moderne, EPFL Lausanne<br />
(Fonds Lanz)<br />
Auf dem gemeindeeigenen Land im Beundenacker<br />
und im Möösliacker sollte die Wohnungspolitik des<br />
roten Biel in grossem Stil umgesetzt werden.<br />
DIE IDEE DER GARTENSTADT<br />
Die 20erJahre des letzten Jahrhunderts waren eine<br />
Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs. Nach den<br />
Wirren des Ersten Weltkriegs wurden neue Formen<br />
des Zusammenlebens gesucht. In der Architektur<br />
entstand in Deutschland die Bewegung des Neuen<br />
Bauens. Ein prominenter Vertreter dieser Bewegung<br />
war der <strong>Bieler</strong> Architekt Eduard Lanz, der spätere<br />
Erbauer des Volkshauses. Er hatte die Vision, im<br />
Möösliacker eine Gartenstadt nach den Vorstellungen<br />
des Neuen Bauens zu verwirklichen. Im November<br />
1926 legte er einen Überbauungsvorschlag vor,<br />
der das ganze Gebiet zwischen Beundenweg und<br />
Möösliweg sowie zwischen Bermenstrasse und<br />
Bärletweg umfasste: neun Wohnhöfe, umfasst durch<br />
je vier Reihenbauten mit jeweils 24 bis 30 Einfamilienhäusern,<br />
die Kiesgrube im Möösliacker als Spielplatz<br />
und eine einzige Erschliessungsstrasse – die<br />
PestalozziAllee – durch die Mitte der Siedlung. Die<br />
erste Etappe dieses Überbauungsvorschlags wurde<br />
1927 durch die Allgemeine Bau und Wohngenossenschaft<br />
(ABW) realisiert, die so genannten «roten<br />
Blöcke» zwischen Möösliweg und Pestalozziallee.<br />
Diese erste WohnSiedlung im Möösli mit 24 Reiheneinfamilienhäusern<br />
– mit dem Wohnhof samt<br />
Spielplatz bei den Eingängen und den Gärten hinter<br />
jeder Wohnung – gilt als Mustersiedlung des Neuen<br />
Bauens. Auch im Innern waren die Wohnungen<br />
einheitlich gestaltet. Badezimmer und Waschküche<br />
lagen beim hinteren Ausgang in den Garten. Die<br />
Küchen waren Platz sparend und arbeitspraktisch<br />
eingerichtet.<br />
Anita MohlerCina wohnt seit ihrer Kindheit in<br />
einem dieser Reiheneinfamilienhäuser der Überbauung<br />
Möösli 1. Sie war eine von rund 80 Kindern<br />
und Jugendlichen, die damals in den vier Wohnblöcken<br />
wohnten. Sie erinnert sich:<br />
«Wir haben uns fast nur draussen aufgehalten – die<br />
Wohnungen sind ja klein. Kinder hatten wir genug zum<br />
Spielen; es lief immer etwas, wurde nie langweilig. Wir<br />
haben «klüggerlet, bällelet, Jagis gmacht» – wir haben<br />
alles gemacht was man konnte, aber hauptsächlich im<br />
Freien. Die Grube war sehr wichtig. Wir spielten Ball, die<br />
Grossen Fussball. Es gab klare Regeln. Mitspielen durfte<br />
man erst ab einem gewissen Alter. Es gab so Gruppen:<br />
die Kleinen, die Mittleren und die Grossen. Bei gewissen<br />
Sachen durften wir Kleinen überhaupt nicht dabei sein –<br />
erst wenn wir dann in die Schule kamen, vorher nicht.<br />
Aber es war eine schöne Zeit, wirklich schön. Wenn ich<br />
manchmal Leute treffe, die hier mit mir aufgewachsen<br />
sind, sagen sie auch immer, auch wenn sie schon Jahrzehnte<br />
weg sind: Wir haben halt schon eine schöne Jugend<br />
gehabt im Möösli. Wir hatten nicht den besten Ruf – wir<br />
waren eher ein wenig die Armen. Aber wir hatten trotzdem<br />
unseren Stolz, und wir waren glücklich».<br />
DIE ZWEITE ETAPPE<br />
Drei Jahre später, 1930/31, wurde die zweite<br />
Etappe der von Eduard Lanz geplanten Überbau