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Bieler Jahrbuch 2007 - mémreg - regionales Gedächtnis

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214<br />

Aus der Serie «Ex Nihilo».<br />

Foto: Benoit Vollmer<br />

zu haben. Tatsächlich werden gewachsene Orte von<br />

unserem <strong>Gedächtnis</strong> geformt. Wir erleben einen Ort<br />

durch unser Verweilen, durch den Weg dahin. Er ist<br />

uns vertraut, gehört uns genauso wie wir ihm gehören.<br />

Jene unterschiedlichen oder unterscheidbaren<br />

Orte scheinen jedoch zunehmend zu verschwinden,<br />

um von geschichts- und gesichtslosen Orten überwuchert<br />

zu werden. Ihre Merkmale widerspiegeln<br />

den Strukturwandel des öffentlichen Raumes. Die<br />

namenlosen Orte lassen ihre Besucher alleine, schalten<br />

sie gleich, verweigern ihnen jede Annäherung.<br />

Vielmehr erzeugen sie in ihren Benutzern eine Einsamkeit,<br />

die sie sogar von jenem Kollektiv entfremdet,<br />

von dem sie gerade Teil sind.<br />

An den <strong>Bieler</strong> Fototagen fanden sich Exponate gänzlich<br />

verschieden gearteter Un-Orte. Durchgangsraum<br />

(Sportanlagen) und Neuraum (Baustellen von<br />

Gebäuden) konnten ihre Eintönigkeit kaum verhehlen<br />

(künstlich angelegte Strände, Freizeitparks) und<br />

kündeten von der Potenz der Architektur. Die figurierenden<br />

urbanen Landschaften bedrohten oder<br />

behinderten zuweilen ein gedankliches Abschweifen.<br />

Andere Räume waren unzugänglich (Banken,<br />

Gefängnisse), entvölkert oder ungenutzt (Wüste,<br />

Sanatorium). Die oft nüchternen Bildkompositionen<br />

vermittelten dem Betrachter nicht nur die dem<br />

Un-Ort eigene Ästhetik, sondern forderten ihn<br />

zudem auf, die dargestellten Freiräume in Besitz zu<br />

nehmen und seine eigene Umgebung zu überdenken.<br />

In den Fotografien von Nicht-Orten geht es letztlich<br />

genauso um den Menschen wie um die von ihm<br />

erschaffene Welt. Die Protagonisten fehlten in den<br />

meisten Bildern des Festivals <strong>2007</strong>, aber gerade dieser<br />

indirekte Blick, der sich auf Räume konzentriert in<br />

denen wir scheinbar abwesend sind, beschwört ein<br />

umso präziseres Bild unserer Gesellschaft herauf.<br />

Verschiedene Fotografen haben sich auf architektonische<br />

Erscheinungen konzentriert, so etwa Joël<br />

Tettamanti in seiner Serie «Dahab». Nie fertig gestellte<br />

Feriensiedlungen zerfallen langsam wieder. Auf den<br />

Fotografien erscheinen sie wie Skulpturen, zeigen<br />

eine inszenierte Leere.<br />

Jedes Jahr schlägt das Photoforum einen jungen<br />

Fotografen für die Ausstellungen vor. Dieses Jahr<br />

war dies Benoît Vollmer, der in seiner Arbeit «Ex<br />

Nihilo» ähnlich vorgeht wie Tettamanti, wenn auch<br />

mit einem anderen Sujet. Er fotografiert Wintersportstationen<br />

in der Zwischensaison, wenn Schnee<br />

und Touristen fehlen, und die Gebäudekomplexe im<br />

grotesken Gegensatz zu der sie umgebenden Landschaft<br />

in eine Art Irrealität abgleiten.<br />

Lediglich ein Ausgangspunkt ist die Architektur für<br />

die Fotografien von Ursula Mumenthaler. In «Agra»<br />

werden aus zerfallenden Räumlichkeiten sorgsam<br />

komponierte «Gemälde» von Farbflächen, zerbröckelnden<br />

Oberflächen und Fluchten, die ins Nichts<br />

führen. Ebenfalls einen malerischen Zugang zum<br />

Raum kreiert Thomas Adank in der Serie «Vaults».<br />

Hier finden wir uns in Tresorräumen wieder – die<br />

sorgfältig gewählten Bildausschnitte und die Licht-

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