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Bieler Jahrbuch 2007 - mémreg - regionales Gedächtnis

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älteste Wohnhaus am Beundenweg immer in Familienbesitz<br />

war?<br />

«Es bedeutet mir sehr viel. Leider habe ich nicht so viele<br />

Erinnerungen an meine Grosseltern Berger – ich war<br />

zu jung als sie starben. Ich war 11-jährig, als mein Vater<br />

das Haus übernahm und wir hier einzogen. Ich habe die<br />

Schulzeit hier erlebt. Wir waren nicht so viele Kinder hier<br />

vorne, etwa sechs Mädchen und drei Buben. Auf dem<br />

Beundenweg spielten wir noch Völkerball – damals kam<br />

noch selten ein Auto oder ein Töff daher, höchstens ab und<br />

zu ein Velofahrer.<br />

Es hat mir immer viel bedeutet, dass der Wunsch meines<br />

Vaters in Erfüllung ging, dass wir das Haus übernehmen<br />

würden und auch unsere Kinder zum Teil hier aufwuchsen.<br />

Was auch noch gut ist für mich: die Erinnerung,<br />

dass mein Vater der Jüngste seiner Geschwister war und<br />

11-jährig, als sie ins Haus zogen; ich war ebenfalls die<br />

Jüngste und 11-jährig, und unsere Tochter Karin ebenfalls<br />

11-jährig, als wir dann das Haus übernahmen –<br />

über drei Generationen war das jüngste Kind der Familie<br />

immer 11-jährig beim Einzug ins Haus... Das ist auch so<br />

eine besondere zufällige Geschichte, die ich mit diesem<br />

Haus verbinde».<br />

Ebenfalls im Jahr 1923 bauten andere Eigentümer<br />

nach den gleichen Plänen die Wohnhäuser Beundenweg<br />

18 und 20.<br />

1924 folgten die Häuser Beundenweg 12 und 17,<br />

1925 die Häuser Beundenweg 13 und 15. Vorne am<br />

Beundenweg, am Rande des Möösliackers, standen<br />

also die ersten sieben Häuser im Möösli. «Beunden»<br />

bedeutet eingezäuntes Ackerland.<br />

WOHNRAUM FÜR MINDERBEMITTELTE<br />

FAMILIEN<br />

Einen Quantensprung in der Entwicklung des Quartiers<br />

brachte das Jahr 1927. Nach dem ersten Weltkrieg<br />

herrschte in Biel grosse Wohnungsnot. Die<br />

Folgen waren unerträgliche Mietzinssteigerungen<br />

und Wohnungsbau zu Spekulationszwecken. Trotz<br />

reger Bautätigkeit herrschte ein grosser Mangel an<br />

Wohnungen für unbemittelte, kinderreiche Familien.<br />

Guido Müller, der legendäre <strong>Bieler</strong> Stadtpräsident<br />

von 1921 bis 1947, setzte hier den Hebel an. Nach<br />

dem Wahlsieg der Sozialdemokraten prägte er über<br />

Jahrzehnte die Bodenpolitik des «roten Biel». Sein<br />

Grundsatz: Die Stadt erwirbt den Boden und stellt<br />

diesen «zu billigen Bedingungen, vorzüglich im Baurecht»<br />

sozialen Wohnbaugenossenschaften zur Verfügung.<br />

Das Ziel war, so Müller, «die Förderung des<br />

gemeinnützigen Wohnungsbaus, um den Wohnungsbedarf<br />

der minderbemittelten Bevölkerung zu decken, einer<br />

Überteuerung der Mieten entgegenzuwirken, kurzum<br />

eine Wohnungspolitik zu eröffnen, die den Anspruch<br />

jeder Familie auf eine gesunde und anständige Wohnung<br />

befriedigt. Denn die Profitwirtschaft bringt bekanntlich<br />

Wohnungen nicht hervor, um das Wohnbedürfnis frierender<br />

Menschen zu befriedigen, sondern um daran zu<br />

verdienen; sie hört auf, Wohnungen zu bauen, sobald kein<br />

Profit mehr herausschaut, gleichgültig, ob noch so und<br />

so viele Väter und Mütter für sich und ihre Kinder nach<br />

einem Obdach schreien.» (Guido Müller, Erinnerungen,<br />

Reden, Schriften. Bern 1970)<br />

«Die roten Blöcke» Möösli<br />

1 an der Pestalozziallee<br />

im Bau (1927). Im Hintergrund<br />

die Häuserzeile<br />

am Rebenweg. Architekt<br />

Eduard Lanz hatte die<br />

Vision, im Möösliacker<br />

eine genossenschaftliche<br />

Gartenstadt nach den<br />

Vorstellungen des Neuen<br />

Bauens zu verwirklichen.<br />

Archives de la construction<br />

moderne, EPFL Lausanne<br />

(Fonds Lanz)<br />

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