17.01.2013 Aufrufe

Bieler Jahrbuch 2007 - mémreg - regionales Gedächtnis

Bieler Jahrbuch 2007 - mémreg - regionales Gedächtnis

Bieler Jahrbuch 2007 - mémreg - regionales Gedächtnis

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

80<br />

Ein ungewöhnlicher Fund<br />

an der Brandmauer hat<br />

den Innenneubau von<br />

1764 überlebt: ein Wandmalerei-Zyklus<br />

der Gut<br />

und Böse, getrennt durch<br />

Blütenranken, gegenüberstellt.<br />

Die Personifikation<br />

des Glaubens<br />

(«Fides») hält Kreuz und<br />

Abendmahlkelch einer<br />

betenden, knienden Frau<br />

entgegen, deren Gesicht<br />

von der Sonne beschienen<br />

wird.<br />

Foto: Denkmalpflege<br />

des Kantons Bern,<br />

Hansjörg Gerber<br />

bauen und im völlig verwahrlosten Erdgeschoss<br />

einen Raum für Stadtführungen einzurichten. Das<br />

Schwergewicht der Arbeiten an der alten Substanz<br />

wurde auf die Instandstellung der Täfer, der Wand-<br />

und Deckenoberflächen in sämtlichen Räumen<br />

gelegt. Auf ein Ablaugen der ursprünglich holzsichtigen<br />

Weichholztäfer wurde aus Kosten- und<br />

Lichtgründen ebenso verzichtet wie auf die Wiederherstellung<br />

der originalen Fussböden, welche<br />

weiterhin unter neuem Parkett schlummern.<br />

Die restauratorische Hauptleistung galt jedoch der<br />

«belle pièce» im zweiten Stock. Man entschied, die<br />

späteren Veränderungen – Einbau der Eckkiste<br />

zugunsten der Küche und die zufälligen Täferergänzungen<br />

– zu entfernen, die Anstriche auf dem<br />

Eichenholz sorgfältig abzulaugen und das Holzwerk<br />

zu reparieren, die fehlende Deckenecke zu<br />

ergänzen und die Sichtholzflächen nach Befund mit<br />

Öl und Schellack wiederherzustellen. Der originale<br />

Boden wurde instand gestellt, die Wände erneut mit<br />

einer textilen tapezierten Bespannung versehen. Im<br />

Bereich der freigelegten, gesicherten und dokumentierten<br />

Wandmalereien der Zeit um 1600, die<br />

im Ambiente des 18. Jahrhunderts nichts zu suchen<br />

haben – und auch damals verdeckt waren –, können<br />

die Bespannungen bei Bedarf demontiert werden.<br />

Dem Raum fehlte einzig der Ofen – die Lücke war<br />

volumetrisch und wegen der anderen Wandoberfläche<br />

(Verputz statt Täfer) überaus spürbar. Man entschied,<br />

einen aus dem 3. Viertel des 18. Jahrhunderts<br />

stammenden Neuenstädterofen aus dem Depot der<br />

Denkmalpflege einzubauen. Der Kachelofen passt<br />

mit manganvioletten Malereien – Chinoiserien und<br />

Landschaften, lebhafte Louis-XV-Ornamente – in<br />

Farbe und Motiv ausgezeichnet in den Raum, welcher<br />

damit wieder die Qualität der Bauzeit zurückerhalten<br />

hat.<br />

Anmerkungen<br />

1 Das Datum, aus der Zeit des Waldleuten-Neubaus, ist<br />

auf einem 1764 an der Rückfassade wieder verwendeten<br />

Fenstersturz eingehauen. Es befand sich wohl ursprünglich<br />

an der Hauptfassade.<br />

2 Mitglied der regierenden Familie Amsel (Amsler). Vgl.<br />

Werner Bourquin: Das Haus des Burgermeisters Joh. Heinrich<br />

Bloesch. <strong>Bieler</strong> Tagblatt, 9.12.1960.<br />

3 Der Verfasser dankt dem Mitarbeiter Georges Herzog für<br />

seine ikonographische Untersuchung.<br />

4 Werner und Marcus Bourquin: Biel, Stadtgeschichtliches<br />

Lexikon. Biel 1999. Im Erdgeschoss eine wiederverwendete<br />

Leistendecke des 17. Jahrhunderts, Tragkonstruktion mit<br />

preussischen Kappen jedoch sicher 18. Jahrhundert.<br />

5 So sind die kleinen Quadratfelder je einzeln gestemmt<br />

eingefügt, Trennstäbe nicht bloss aufgesetzt.<br />

6 Bestimmung Bernard Jacqué, Musée du Papier Peint de<br />

Rixheim, Alsace.<br />

Der Autor<br />

Dr. Jürg Schweizer ist Leiter der Kantonalen Denkmalpflege.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!