Bieler Jahrbuch 2007 - mémreg - regionales Gedächtnis
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Und zwar jeweils im Doppelpack. Gezeigt wurden<br />
immer zwei Versionen eines Klassikers wie «King<br />
Kong», «Lolita» oder «The Ladykillers».<br />
Auch der <strong>Bieler</strong> Musiker und Künstler Monsignore<br />
Dies sorgte mit seinem Programmfenster für pures<br />
Kinovergnügen – und zwar der haarsträubenden<br />
Art. Er organisierte im April und Juni zwei Horrornächte<br />
mit Meilensteinen dieses bluttriefenden<br />
Genres, wie «Nosferatu» und «Dr. Caligari».<br />
Am 8. März, dem internationalen Tag der Frau,<br />
zeigte das Filmpodium «Moolaade», einen Film des<br />
Schweizer Regisseurs Lionel Baier über die Tradition<br />
der Beschneidung junger Mädchen in Afrika<br />
und den mutigen Kampf einer jungen Frau gegen<br />
dieses Ritual. Der Saal war voll und die Stimmung,<br />
so schwärmten Zuschauerinnen, «wunderschön».<br />
Einen Grossaufmarsch – für die Verhältnisse eines<br />
<strong>Bieler</strong> Filmklubs – erlebte auch der Tango-Zyklus<br />
im Juni.<br />
Seiner Devise, Filme zu zeigen, die das <strong>Bieler</strong><br />
Publikum sonst nicht zu sehen bekäme, lebte das<br />
Filmpodium auch im Parallelprogramm zur Ausstellung<br />
«Surréalités» im Centre PasquArt nach. Es<br />
präsentierte die frühen Buñuel-Filme «L’Age d’Or»<br />
und «Un chien andalou», Meilensteine der Filmgeschichte,<br />
die es aber kaum je auf einer Kinoleinwand<br />
zu sehen gibt. Auf grossen Anklang stiess eine weitere<br />
Veranstaltung im Schnittpunkt von Kunst und<br />
Kino: Das filmische Porträt über Markus Raetz, den<br />
bescheidenen Berner Künstler mit weltweiter Ausstrahlung.<br />
Er war, wie so mancher Protagonist und<br />
Regisseur im vergangen Jahr, persönlich im Filmpodium<br />
anwesend.<br />
Jahr für Jahr finden immer mehr jugendliche<br />
Zuschauer den Weg ins Filmpodium und kommen<br />
hier möglicherweise zum ersten Mal in Kontakt<br />
mit Filmen jenseits von DVD-Hits und Kinokassenschlagern.<br />
Grund für diese erfreuliche Entwicklung<br />
ist das Programm «Ecole et Cinéma». Es bietet den<br />
<strong>Bieler</strong> Schulen den Besuch von Filmen an, die sich<br />
speziell für die Behandlung im Unterricht eignen –<br />
und als Serviceleistung dazu ein Paket pädagogisch<br />
aufbereitetes Begleitmaterial. Verantwortlich für<br />
dieses von Jahr zu Jahr erfolgreichere Angebot ist<br />
ein Vorstandsmitglied des Filmpodiums, die Mittelschullehrerin<br />
und begeisterte Kinogängerin Christine<br />
Burkhard Kaufmann.<br />
Auf besonderes gutes Echo stiess «Ecole et Cinéma»<br />
im vergangen Jahr nicht zuletzt wegen der Qualität<br />
eines der gezeigten Filme: «Vitus» von Fredi Murer.<br />
Gegen 1200 Schülerinnen und Schüler sahen sich an<br />
19 Vorstellungen die Geschichte um das klavierspielende<br />
Wunderkind an. Der Film erwies sich in jeder<br />
Hinsicht als Glücksfall. Hauptfigur und Drehorte<br />
boten dem jungen Publikum jede Menge Identifikationsmöglichkeiten,<br />
die thematische Breite – von<br />
der Beziehung zwischen Grossvater und Enkel bis<br />
zum Funktionieren der Börse – lieferte spannenden<br />
Unterrichtsstoff, und zudem bewies «Vitus» aufs<br />
beste, dass auch Schweizer Regisseure packendes<br />
Kino machen. Der Schweizer Aspekt hatte fürs<br />
Filmpodium übrigens auch noch eine erfreuliche<br />
finanzielle Komponente: Wer einheimisches Filmschaffen<br />
zeigt, wird von der Filmförderung Succès<br />
Cinema mit einem Betrag von über drei Franken pro<br />
Zuschauer unterstützt – ein Angebot, das übrigens<br />
auch kommerziell betriebene Kinos bei ihrer Programmation<br />
gerne im Auge behalten.<br />
Zum Schluss schliesslich noch ein kleiner Höhepunkt<br />
im Leben des Filmpodiums ganz gegen<br />
Ende des Jahres. Am 26. Dezember – alle Päckchen<br />
waren ausgepackt und der familiäre Festtagsstress<br />
wieder vergessen – roch es in unserem Kino bereits<br />
mitten am Nachmittag nach Glühwein und frischem<br />
Weihnachtsgebäck. Der Saal füllte sich mit<br />
adrett gekleideten Kindern und ihren nicht weniger<br />
erwartungsfrohen Eltern. Auf dem Programm<br />
stand «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel», ein tschechischer<br />
Film aus den 1970er-Jahren, der derart<br />
charmant daherkommt, dass er auch das härteste<br />
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