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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

sonders umfangreiche Stoffgruppen aus dem fortlaufenden Gesamtkatalog<br />

auszugliedern, um sie in Form einer Einzelpublikation speziell<br />

interessierten Rezipienten zugänglich zu machen.<br />

Um solch einen Fall handelt es sich auch bei der Stoffgruppe „Historienbibeln“.<br />

So bezeichnet werden Prosatexte, die in freier Bearbeitung<br />

den biblischen Erzählungsstoff möglichst vollständig, erweitert<br />

durch apokryphe und profangeschichtliche Zutaten und<br />

unter Ausschluss oder zumindest Zurückdrängung der erbaulichen<br />

Glosse darbieten. Die Kartei des Katalogs umfasst z.Z. 56 solcher<br />

Handschriften, denen meist umfangreiche Bildzyklen beigegeben<br />

sind.<br />

Die geplante Publikation soll eine Zusammenschau der Gesamtüberlieferung<br />

der Historienbibeln leisten, dabei bislang vernachlässigte<br />

Überlieferungsgruppen und Einzelhandschriften erschließen,<br />

stilgeschichtliche und detail-kodikologische Befunde integrieren<br />

und auf Fragen eingehen, wie sie das besondere Profil dieser Stoffgruppen<br />

nahe legt: Welche Bibeltexte werden wie illustriert? Wie<br />

sind Text und Bild funktional aufeinander bezogen? Wo liegen in den<br />

Bildzyklen die narrativen Schwerpunkte? Inwiefern liefern die Illustrationen<br />

Rezeptionsangebote, die es erlauben, die jeweilige Handschrift<br />

als Erbauungs-, Schul- oder Geschichtsbuch im kulturellen<br />

Leben des 15. Jahrhunderts zu verorten? Welche Verbindungen<br />

bestehen zwischen den Bildmodellen oder Historienbibeln und denjenigen<br />

anderer Stoffgruppen (v.a. Bibel/Bibelerzählung und Weltchroniken)?<br />

etc.<br />

Mit der Behandlung dieser Fragen, wird die Monographie die literatur-<br />

und kunstgeschichtliche Erforschung der deutschen Bibelprosa<br />

– im Prozess der Ausgliederung volkssprachlicher Schriftlichkeit aus<br />

dem Lateinischen – vorantreiben und durch den Reichtum des präsentierten<br />

Materials Anregungen für benachbarte Disziplinen (Bibelund<br />

Geschichtsikonographie, Frömmigkeitsgeschichte, Volkskunde,<br />

mittelalterliche Geschichtsphilosophie) bieten.<br />

Für die Erstellung eines Handbuches Minnereden (mit Auswahledition)<br />

erhält Priv. Doz. Dr. L. Lieb, (Institut für Germanistik, TU Dresden)<br />

Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die so genannten „Minnereden“ sind eine der bedeutendsten literarischen<br />

Gattungen des deutschen Spätmittelalters. Sie führen thematisch<br />

den deutschen Minnesang weiter und enthalten nicht selten<br />

subtile und narrativ entfaltete Reflexionen eines minnenden „Ich“<br />

über die Regeln, das „Wesen“ und den „Sinn“ der Liebe. Diese Texte<br />

eröffnen ungeahnte Zugänge zur Kultur des 14. und 15. Jahrhunderts<br />

sowie zu Status und Funktion von vormoderner Literatur, weil<br />

sie einerseits offenbar sehr populär waren (über fünfhundert verschiedenen<br />

Minnereden sind überliefert), andererseits – auf eine in<br />

der neuzeitlichen Ästhetik ungebräuchliche Weise – von Stereotypie<br />

geprägt sind.<br />

Handbuch<br />

Minnereden<br />

Seite 117

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