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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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Seite 2<br />

GESCHICHTE, SPRACHE UND KULTUR<br />

Ein Prozess zunehmender Spezialisierung ist für die Geschichte<br />

und Gegenwart aller Fächer und Wissensbereiche kennzeichnend.<br />

Er führt fachintern immer wieder zu einem Überdenken des<br />

Wissenskanons und der Methoden, die in einer Disziplin als verbindlich<br />

angesehen werden, und zur Neuordnung der Gegenstandsbereiche,<br />

mit denen sich ein Fach befasst. Fachextern wird dieser Prozess<br />

von einer Neubestimmung der Beziehungen zu anderen Fächern<br />

begleitet, die veränderte Disziplinkoalitionen und die Bildung neuer<br />

Fächer zur Folge haben kann. In den letzten Jahrzehnten haben sich<br />

diese Wandlungsprozesse in den Wissenschaften durch die zunehmende<br />

Globalisierung und das Vordringen der elektronischen Medien<br />

noch weiter beschleunigt und zugleich qualitativ verändert. Der<br />

Kulturenkontakt wird enger. Zugleich entwickeln sich Medien universaler<br />

Kommunikation, die Sprach- und Kulturgrenzen immer<br />

durchlässiger und Gleichzeitigkeit zu einem bestimmenden Merkmal<br />

des wissenschaftlichen Austauschs machen.<br />

Stärker noch als in der Vergangenheit versuchen einzelne Disziplinen,<br />

auf diese Wandlungsprozesse mit neuen Nomenklaturen und<br />

nicht zuletzt Umbenennungen des Fachnamens zu reagieren. Für die<br />

Geisteswissenschaften gilt dies in besonderem Maße – nicht nur in<br />

Deutschland, sondern auch dort, wo es um die „Humanities“ oder die<br />

„Sciences humaines“ geht. Im Förderungsbereich „Geschichte, Sprache<br />

und Kultur“ soll auf die eben genannten Wandlungsprozesse der<br />

Geisteswissenschaften mit angemessener Offenheit reagiert werden.<br />

Unstrittig ist, dass sich die klassischen Geisteswissenschaften deutschen<br />

Ursprungs – nicht zuletzt unter dem Einfluss der angelsächsischen<br />

Forschung – zu Kulturwissenschaften entwickelt haben. Sie haben<br />

ihre eurozentrische Perspektive abgelegt und nutzen seit langem<br />

Theorie- und Methodenangebote aus anderen Fachgruppen zu ihrem<br />

eigenen Vorteil. Sie sind nicht länger darauf konzentriert, ein erkenntnistheoretisches<br />

Paradigma in Absetzung von den Naturwissenschaften<br />

zu entwickeln, sondern sehen, um nur ein Beispiel<br />

zu nennen, die Fruchtbarkeit der Kooperation mit den kognitiven<br />

Neurowissenschaften. Nicht zuletzt der Querschnittbereich „Bild und<br />

Bildlichkeit“ soll Forschungen unterstützen, die nicht nur verschiedene<br />

Fächer, sondern Fachkulturen in der Orientierung an einem<br />

neuen „ikonischen Erkenntnismodell“ miteinander vernetzen.<br />

Gleichzeitig soll im Förderungsbereich „Geschichte, Sprache und<br />

Kultur“ das Erbe der traditionellen Geisteswissenschaften gewahrt<br />

und fruchtbar weiterentwickelt werden. Trotz aller fachlichen Neukombinationen<br />

bleibt der Rückbezug auf „traditionelle“ Fächer wie<br />

die Philosophie und die Theologie wichtig, die ebenfalls in Wandlungsprozessen<br />

begriffen sind, zugleich aber weiterhin erkenntnisleitende<br />

Orientierungen bieten, die allen Fächern im weiten Bereich<br />

der Geistes- und Kulturwissenschaften von Nutzen sein können.<br />

Auf die Wandlungsprozesse in den Geisteswissenschaften will die<br />

<strong>Stiftung</strong> dabei mit angemessener Offenheit reagieren. Sie will auf der<br />

einen Seite Projekte fördern, die – nicht zuletzt unter dem Einfluss

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