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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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Strafvollzug<br />

Plötzensee<br />

Seite 66<br />

GESCHICHTE, SPRACHE UND KULTUR<br />

auch der unterschiedliche kulturelle Hintergrund der Inhaftierten<br />

zu berücksichtigen ist,<br />

– in der Klärung der Verhaltensweisen der nichtjüdischen Zivilbevölkerung<br />

und der Partisanenbewegung gegenüber den Ghettound<br />

Lagerinsassen.<br />

Das Forschungsprojekt basiert hauptsächlich auf der Auswertung<br />

archivarischen Materials. Neben amtlichem Schriftgut aus der Besatzungszeit<br />

stellen auch die ab 1945 entstandenen Ermittlungsakten in<br />

NS-Verfahren einen wesentlichen Quellenfundus dar. Eine dritte<br />

wichtige Gruppe bilden Augenzeugen- und Erinnerungsberichte von<br />

Überlebenden des Minsker Ghettos und des Lagerkomplexes Maly<br />

Trostenec in gedruckter und ungedruckter Form.<br />

Für das Projekt „Strafvollzug in der nationalsozialistischen Diktatur –<br />

Das Beispiel des Gefängnisses Berlin-Plötzensee 1933-1945“ erhielt<br />

Prof. P. Steinbach (Institut für Geschichte, Universität Karlsruhe (TH))<br />

Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Ziel des Projekts ist eine exemplarische Studie über den Strafvollzug<br />

in der nationalsozialistischen Diktatur. Zuerst soll die Bedeutung des<br />

Strafgefängnisses Plötzensee im organisationsgeschichtlichen Gesamtzusammenhang<br />

des NS-Strafvollzugs herausgearbeitet werden.<br />

Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Vollstreckung von<br />

Todesurteilen. Denn Plötzensee war mit 2.891 Hinrichtungen die<br />

Richtstätte, wo zwischen 1933 und 1945 die meisten Todesurteile der<br />

zivilen Justiz vollstreckt wurden. Es soll auch untersucht werden, wie<br />

die Ansätze für einen humanen Strafvollzug aus der Zeit der Weimarer<br />

Republik beseitigt wurden und welche Kontinuitäten im Vollzug<br />

über das Jahr 1933 hinaus von Bedeutung waren. Zugleich soll die<br />

zentrale Bedeutung des Strafvollzugs für die Verfolgung des deutschen<br />

und internationalen Widerstands gegen den Nationalsozialismus<br />

aufgezeigt werden. Dies ist am Beispiel des „multifunktionalen“<br />

Gefängnisses Plötzensee (Untersuchungshaftanstalt des Volksgerichtshofes,<br />

Gefängnis und Hinrichtungsstätte) sehr gut möglich.<br />

Im Mittelpunkt der Studie steht die Analyse der Lebensbedingungen<br />

der Häftlinge. Diese ist – einzigartig für den Strafvollzug im „Dritten<br />

Reich“ – mit Hilfe der vollständig überlieferten Gefangenenkarteikarten<br />

und einer großen Zahl von Gefangenenpersonalakten möglich.<br />

So können die Entwicklung der Häftlingszahlen, der Anteil der<br />

einzelnen Häftlingsnationalitäten, die den Inhaftierungen zu Grunde<br />

liegenden Delikte, die jeweiligen Strafmaße sowie die Lebensbedingungen,<br />

etwa die Zwangsarbeit, die Ernährung, die medizinische<br />

Versorgung, die Versuche der Gegenwehr (etwa durch Fluchtversuche)<br />

und die damit verbundenen Sanktionen (etwa durch Hausstrafen),<br />

detailliert und auch in ihren Veränderungen nachgezeichnet<br />

werden. Unter dieser doppelten Fragestellung ist eine differenzierte<br />

Analyse des Strafvollzugs zwischen 1933 und 1945 am Beispiel des<br />

Gefängnisses Plötzensee möglich.

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