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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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Seite 46<br />

GESCHICHTE, SPRACHE UND KULTUR<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Inhalte und die Organisation<br />

des Navigationsunterrichts in den verschiedenen Einrichtungen<br />

Norddeutschlands bis zum zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts komparativ<br />

zu untersuchen.<br />

Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein waren Schifffahrt und Handel<br />

die mit Abstand bedeutendsten Wirtschaftszweige der norddeutschen<br />

Küstenländer. Die nautische Ausbildung von Seeleuten erfolgte zunächst<br />

ausschließlich auf privater, nicht institutionalisierter Basis, und<br />

zwar durch das Erlernen der mathematischen, astronomischen und<br />

instrumentellen Grundlagen von alten Steuerleuten und Kapitänen.<br />

Erst am Ende des 18. Jahrhunderts begann sich durch den verstärkten<br />

Schiffsverkehr nach Übersee und steigende Anforderungen an<br />

die Schiffsführer ein Bedürfnis nach systematischer Ausbildung zu<br />

artikulieren, das zu ersten Gründungen von Navigationsschulen führte.<br />

Qualität und Umfang des Unterrichts in diesen Anstalten waren<br />

sehr stark von den jeweiligen Lehrerpersönlichkeiten und den Lehrmethoden<br />

anhängig. Das Spektrum reichte hierbei von der „Abrichtung“,<br />

d.h., im Auswendiglernen kochbuchartiger Zusammenstellungen<br />

nautischer Probleme, die ohne tiefer gehendes Verständnis<br />

mechanisch lösbar waren, bis hin zu einer systematisch begründeten,<br />

sehr anschaulichen und auf den Vorstellungshorizont der Schüler<br />

abgestimmten Vermittlung des Stoffes. Nach allem, was bisher über<br />

das Prüfungswesen und die Prüfungsstatistik bekannt ist, scheinen<br />

die Schulen erfolgreich gewesen zu sein, die einen theoretisch anspruchsvollen<br />

Stoff anwendungsorientiert vermitteln haben. 1869<br />

beendete ein Gesetz, mit dem die Aufsicht über die Prüfung und<br />

Befähigung von Seeleuten zunächst auf den Norddeutschen Bund<br />

und wenig später auf das Deutsche Reich überging, die Vielfalt der<br />

verschiedenen Ausbildungsvorschriften und -ansätze.<br />

Der Forschungsstand zur Navigationsgeschichte generell ist geographisch<br />

sehr unterschiedlich und qualitativ uneinheitlich. Es gibt<br />

einige Überblicksdarstellungen insbesondere aus dem angelsächsischen<br />

Bereich, die im Allgemeinen mehr technisch, d.h. an einer<br />

Beschreibung der unterschiedlichen Navigationsverfahren orientiert<br />

sind. Auch zu den einzelnen deutschen Navigationsschulen fehlt es<br />

an einer umfassenden historischen Untersuchung ebenso wie an<br />

einer Untersuchung der Unterrichtsinhalte.<br />

Mit dem Forschungsprojekt soll ein bislang vernachlässigtes Gebiet<br />

der Geschichte der angewandten Mathematik bearbeitet und versucht<br />

werden, an die Göttinger Arbeiten Wagners anzuknüpfen. Die<br />

Untersuchung soll zum Ziel haben<br />

– die Personen, welche Navigationsunterricht erteilen, ihrem Herkommen<br />

und ihrer Ausbildung nach festzustellen,<br />

– die unterschiedlichen Unterrichtsinhalte und -methoden wie auch<br />

Organisationen der einzelnen Schulen einer kritischen Würdigung<br />

zu unterziehen,

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