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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Ein einheitliches Geschichtsbild hatte es nie gegeben, doch die geschichtspolitische<br />

Kraft, die von den preußisch-deutschen Siegen auf<br />

dem Weg zum deutschen Nationalstaat ausgegangen war, hatte die<br />

dominanten Geschichtsvorstellungen verengt. Der Untergang des<br />

monarchischen Nationalstaates und die Etablierung einer demokratischen<br />

Republik öffneten den geschichtspolitischen Diskurs und<br />

politisierten ihn zugleich. Man stritt über die Zukunft, indem man sich<br />

auf die Geschichte berief. Parlamente avancierten deshalb zu zentralen<br />

geschichtspolitischen Diskursarenen.<br />

Das Spektrum konkurrierender Geschichtsbilder in der parlamentarisch-politischen<br />

Öffentlichkeit auszuleuchten und die gesellschaftliche<br />

Konstruktion von Geschichtsbildern als Geschichte geschichtspolitischer<br />

Deutungskämpfe zu erfassen, ist die Aufgabe dieses<br />

Projektes. Untersucht werden Debatten der Weimarer Nationalversammlung,<br />

des deutschen Reichstages und ausgewählter Landtage<br />

(Preußen, Württemberg, Hamburg) sowie vergleichend Debatten<br />

des Nationalrates Österreichs. Es geht darum zu analysieren, wie<br />

Geschichtsbilder im demokratischen Kampf um Macht und Herrschaft<br />

entfaltet und eingesetzt wurden und welche Vorstellungen von<br />

nationaler Identität man dabei entworfen hat. „Kontinuität“ und „Gemeinschaft“<br />

sind die zentralen Analysekategorien des Projektes,<br />

denn sie ermöglichen es, danach zu fragen, ob die Geschichtsbilder,<br />

mit denen versucht wurde, Politik zu legitimieren, darauf ausgerichtet<br />

waren, Partieübergreifende historische Erfahrung aufzurufen, um<br />

einen breiten nationalen Konsens zu ermöglichen.<br />

Das Projekt will das Untersuchungsfeld Geschichtspolitik mit der<br />

Nationalismusforschung zusammenführen. Indem es von den Parlamentarien<br />

als konkreten geschichtspolitischen Akteuren ausgeht, erweitert<br />

und präzisiert es die durch Maurice Halbwachs inspirierte<br />

Forschung zum „kollektiven Gedächtnis“: Das Handlungs- und<br />

Diskursfeld wird eindeutig abgesteckt und zugleich dezentralisiert,<br />

denn indem Länderparlament einbezogen werden, geraten auch jene<br />

Geschichtsbilder in den Blick, die an der Idee einer deutschen Föderativnation<br />

orientiert blieben. Die deutsche Geschichte verlief in<br />

föderativen Bahnen. Historische Erinnerungsforschung muss dies<br />

erfassen.<br />

Für die Edition der Sitzungsprotokolle der Fraktion der Deutschen<br />

Demokratischen Partei/Deutschen Staatspartei im preußischen Landtag<br />

– 1919 bis 1932 stellt die <strong>Stiftung</strong> Prof. K. Hildebrand (Kommission<br />

für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien,<br />

Bonn) Fördermittel zur Verfügung.<br />

Ziel des Projekts ist die Edition der im Bundesarchiv Koblenz liegenden<br />

Sitzungsprotokolle der Fraktion der Deutschen Demokratischen<br />

Partei (DDP) bzw. nach 1930 der Deutschen Staatspartei (DStP) im<br />

preußischen Landtag von 1919 bis 1932. Die in drei Kladden mit insgesamt<br />

über tausend Seiten vorliegenden Protokolle geben aus erster<br />

Hand Einblick in die Geschichte des Linksliberalismus in Preußen<br />

Sitzungsprotokolle<br />

Preußischer<br />

Landtag<br />

Seite 53

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