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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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RECHTSWISSENSCHAFT<br />

einem anderen Mitgliedsstaat einen Antrag gestellt, illegal eine<br />

Außengrenze überschritten oder sich illegal in einem Mitgliedsstaat<br />

aufgehalten hat.<br />

Hinsichtlich des Flüchtlingsfonds ist zu klären, ob und wie fondsfinanzierte<br />

Maßnahmen tatsächlich zu einem effektiven Lastenausgleich<br />

zwischen den Ländern der Europäischen Union geführt haben.<br />

Für das Asylrecht noch geplant ist einerseits die Richtlinie zur Qualifikation<br />

der Flüchtlingseigenschaft. Diese soll als umfassendes<br />

Regelwerk sowohl die Flüchtlingsanerkennung als auch die subsidiäre<br />

Schutzgewährung umfassen. Die Richtlinie sieht verschiedene<br />

Definitionsmerkmale und Auslegungsregeln für den Begriff des<br />

„Flüchtlings“ vor. Das könnte unmittelbare Auswirkungen auf die<br />

Anerkennungspraxis in Deutschland haben und Änderungen der<br />

deutschen Regeln erforderlich machen. Der Vorschlag erlaubt überdies<br />

die Flüchtlingsanerkennung auch bei nichtstaatlicher Verfolgung.<br />

Subsidiärer Schutz soll gewährt werden, wenn die Voraussetzungen<br />

der Flüchtlingsanerkennung nicht vorliegen, aber dennoch<br />

ein Schutzbedürfnis gegeben ist. In einem zweiten Teil der Richtlinie<br />

werden die statusrechtlichen Folgen der Flüchtlingsanerkennung<br />

und des subsidiären Schutzes festgelegt, wie z.B. Sozialhilfeleistungen.<br />

In diesem Zusammenhang soll die Frage der Übereinstimmung<br />

mit den derzeitigen deutschen Bestimmungen stehen. Die teilweise<br />

vorgesehene Gleichbehandlung von subsidiär Schutzberechtigten<br />

mit den Staatsangehörigen des Aufnahmelandes könnte zu erheblichen<br />

Unterschieden bei den Leistungsstandards in den Mitgliedsstaaten<br />

führen. Die angestrebte Harmonisierung der Leistungen<br />

droht dadurch in ihre Gegenteil verkehrt zu werden.<br />

Des weiteren ist eine Richtlinie über Mindestnormen für das Asylverfahren<br />

vorgesehen, welche dessen Vollharmonisierung in den<br />

Ländern der Europäischen Union anstrebt, um einerseits den Missbrauch<br />

von Asylantragstellungen zu unterbinden und andererseits<br />

einen angemessenen Zugang zum Asylschutz zu ermöglichen. Es ist<br />

zu prüfen, ob diese Richtlinie die Änderung des Asylverfahrensrechts<br />

in wesentlichen Punkten notwendig machen würde.<br />

Der zweite Teil des Projekts widmet sich dem Visumrecht. Nach der<br />

Visumverordnung (EUVisumVO) müssen Staatsangehörige bestimmter<br />

Staaten beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines<br />

Visums sein; andere sind von der Visumspflicht befreit. Das nationale<br />

Recht gilt hier nur noch teilweise bzw. subsidiär. Die Problematik<br />

der Verordnung zeigt sich etwa bei einem kolumbianischen Staatsangehörigen,<br />

der nach der EUVisumVO visumpflichtig ist, nicht aber<br />

nach deutschem Ausländerrecht. Hier ist eine komplizierte Rechtslage<br />

mit bedeutsamen Konsequenzen für die ausländerrechtliche<br />

Praxis geschaffen worden. Zusätzlich wirft die Verordnung zahlreiche<br />

Fragen hinsichtlich der Voraussetzungen für den Aufenthalt,<br />

die Erwerbstätigkeit und die Ausreisepflicht auf. Eine Neukonzeption<br />

des Ausländergesetzes erscheint geboten.<br />

Seite 181

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