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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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Seite 164<br />

STAAT, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT<br />

Rentabilitätsgrenzen auf Arbeitgeberseite gegenüber, die lediglich<br />

zu beschäftigungssichernden Löhnen und zunehmend zu Investitionen<br />

in Ländern mit günstigeren Produktionsbedingungen führen.<br />

Zu einer Lösung des Problems der bestehenden Hochlohnarbeitslosigkeit<br />

trägt die Tarifautonomie dadurch nicht bei und die Gesellschaft<br />

trägt – über den Schutz der Tarifautonomie – dafür eine Teilverantwortung.<br />

Im Mittelpunkt des Projekts stehen jedoch nicht die Anreiz- und<br />

Funktionszusammenhänge im institutionellen Gefüge der Tarifautonomie<br />

und deren Korrektur. Vielmehr soll die These untersucht<br />

werden, dass verschiedene Reaktionen der Akteure im politischen<br />

Prozess, die eigentlich die Probleme der Arbeitslosigkeit lösen oder<br />

zumindest abfedern sollen, ihrerseits selbstverstärkend zum Problem<br />

beitragen. So beeinflusst die Politik durch kollektive Unterstützungssysteme<br />

bei Arbeitslosigkeit, durch Verbreitung von Normen<br />

und Moralvorstellungen, durch aktive Arbeitsmarktpolitik die Erwartungshorizonte<br />

der Bürger an die Tarifparteien und Arbeitslosen,<br />

die Motivation der Arbeitssuchenden und die erwogenen Alternativen<br />

zur Erwerbstätigkeit. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen<br />

können sich so nicht nur ineffizient sondern sogar kontraproduktiv<br />

darstellen.<br />

Als Arbeitshypothesen sollen drei Wirkungskanäle untersucht werden:<br />

Selbstverstärkung durch öffentliche Wahrnehmung der Verantwortung<br />

beim Staat: Ohne aktive Arbeitsmarktpolitik, staatlich getragene<br />

Bildungsmaßnahmen, frühzeitige Rentenzugangsmöglichkeiten<br />

und soziale Sicherungssysteme wäre mit einer Steigerung des<br />

Reintegrationswunsches auf Seiten der Arbeitslosen und mit einem<br />

erhöhten Druck auf die Tarifvertragsparteien zur stärkeren Gewichtung<br />

des Beschäftigungsziels zu rechnen. Selbstverstärkend wirkt<br />

sich die aktive Lohnpolitik aber dadurch aus, dass die Verantwortung<br />

für die Arbeitsmarktsituation in der öffentlichen Wahrnehmung weniger<br />

bei den Tarifparteien als zunehmend beim Staat gesucht wird.<br />

Dies führt zu einer Konzentration der Politik auf nur kurzfristige<br />

Entlastungsmaßnahmen, den bereits Beschäftigten als Wähler und<br />

damit schließlich zu privilegierenden Konkurrenzschutzmaßnahmen<br />

und ausgedehnten Marktzutrittsbarrieren.<br />

Einstellungsänderungen aufgrund fehlender Institutionen: Diese<br />

zweite Arbeitshypothese widmet sich der Eigenbemühung des Arbeitssuchenden<br />

um berufliche Wiedereingliederung. Hier kann im<br />

langfristigen Kontext der Entscheidungen über gesellschaftliche<br />

Institutionen nicht von stabilen Präferenzen ausgegangen werden,<br />

da erstere wahrscheinlich Einfluss auf die Normbildung nehmen und<br />

der gesellschaftliche Umgang mit Langzeitarbeitslosigkeit Rückwirkungen<br />

auf die Selbsthilfebemühungen einzelner Arbeitsloser<br />

hat. Hypothetisch nehmen hier individuell rationale aber kollektiv<br />

schädliche Verhaltensweisen, die durch fehlerhaft konstruierte Insti-

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