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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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Jüdische<br />

Literatur<br />

Lateinamerika<br />

Seite 134<br />

GESCHICHTE, SPRACHE UND KULTUR<br />

– Datenbank – Das Sachbuch im 20. Jahrhundert;<br />

– Literaturgeschichte des Sachbuchs;<br />

– Poetologie und Theorie des Sachbuchs im Kontext verwandter<br />

Gattungen;<br />

– Erhebung von Schreibanweisungen für das Sachbuch in der Vergangenheit;<br />

– Entwicklung und Erprobung von Leitlinien für die Erarbeitung<br />

von Sachbüchern.<br />

„Das Vermächtnis von Sefarad. Die jüdisch-sephardischen Traditionen<br />

im Identitätsdiskurs der jüdischen Literatur Lateinamerikas im<br />

20. Jahrhundert“ ist Gegenstand eines von der <strong>Stiftung</strong> unterstützten<br />

Forschungsprojektes am Institut für Romanistik, Technische Universität<br />

Dresden (Prof. N. Rehrmann und Dr. A. Barboza).<br />

Südamerika erlebte zwei große jüdische Einwanderungswellen. Die<br />

erste setzte bald nach 1492 ein, als sephardische Juden – auf der<br />

Flucht vor der Inquisition – in großer Anzahl die ersten spanischen<br />

Kolonien bevölkerten. Da sich während des 16. Jahrhunderts auch<br />

die Inquisition in Lateinamerika etablierte und die jüdische Bevölkerung<br />

(u.a. mit Zwangskonversionen) verfolgte, war deren kultureller<br />

Einfluss im 19. Jahrhundert nahezu verschwunden.<br />

Ein zweiter – nun mehrheitlich von Aschkenasen gebildeter – Zustrom<br />

im 19. und 20. Jahrhundert ließ das jüdische Leben zu einem<br />

wichtigen Faktor in der lateinamerikanischen Gesellschaft und Kultur<br />

werden, v.a. in Brasilien und Argentinien. Diese Immigranten<br />

trafen auf einen Identitätsdiskurs der kreolischen Eliten, der sich seinerseits<br />

intensiv mit dem spanischen Mutterland auseinandersetzte.<br />

Das „Vermächtnis von Sefarad“, d.h. der kulturellen Traditionen des<br />

spanisch „jüdischen Goldzeitalters“ (Heine), wurde so für die aschkenasischen<br />

Einwanderer zum Medium ihrer Selbstdefinition: Indem<br />

sie sich als Erben der sephardisch-spanischen Traditionen begriffen,<br />

legitimierten sie sich als integraler Bestandteil der lateinamerikanischen<br />

Kultur. Zeitgleich erlebte die sephardische Tradition bei den<br />

Intellektuellen auch der alten Welt eine markante Aufwertung (u.a.<br />

wegen der Synthese von Glauben und Vernunft, an der Sepharden-<br />

Philosophen wie Maimonides gearbeitet hatten). Im kollektiven Gedächtnis<br />

aller Juden wurde Sefarad sogar ansatzweise mythisiert,<br />

nämlich als jene singuläre Gegebenheit in der europäischen Geschichte,<br />

die Juden, Mauren und Christen in einem friedlichen und<br />

kulturell äußerst fruchtbaren Zusammenleben jahrhundertlang vereinte.<br />

Diesen Tatsachen zufolge kam es in Lateinamerika im 19. Jahrhundert<br />

zu einer – von der Forschung bereits festgestellten – „Resephardisierung“<br />

bzw. einem „Neosephardismus“. Bis heute ist die Orientierung<br />

an der sephardischen Tradition ein zentraler Topos des<br />

Identitätsdiskurses der jüdischen Literatur, insbesondere in Argentinien.<br />

Sefarad fungiert dabei heute als historisches Leitbild für ein<br />

multikulturelles Zusammenleben in den heutigen Gesellschaften

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