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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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Querschnittbereich „BILD UND BILDLICHKEIT“<br />

sondern das Leid und die Vernichtung des Individuums werden zum<br />

Thema.<br />

Der Tod des Individuums als Katastrophe: Katastrophen werden für<br />

die Denker der Aufklärung zu einer intellektuellen Herausforderung,<br />

da Ereignisse, die nicht vernünftig erklärt werden können, das<br />

aufgeklärte System auf die Probe stellen. Die in diesem Zusammenhang<br />

zu betrachtenden Bilder stehen für Handeln und Scheitern im<br />

Angesicht eines übermächtigen Ereignisses. So zeigt die „Szene aus<br />

der Sintflut“ von Henri-Pierre Danloux (1802) Menschen, die in aussichtloser<br />

Lage auf sich gestellt sind und nicht mehr auf göttlichen<br />

Beistand hoffen können. Ob der Mensch nun aus dem christlichen<br />

Kontext isoliert oder aber – wie bei Edvard Munchs berühmten Bild<br />

„Der Schrei“ – gesellschaftlich an den Rand gedrängt ist, geht es bei<br />

aller Unterschiedlichkeit um eine vergleichbare Strategie, nämlich<br />

die Darstellung der bevorstehenden Katastrophe. Vor diesem Hintergrund<br />

soll geprüft werden, inwieweit man Bildstrategien des<br />

19. Jahrhunderts mit Bilderwelten des frühen und späteren 20. Jahrhunderts<br />

vergleichen kann.<br />

Katastrophen im Schauspiel der Natur (Historisierung/Verwissenschaftlichung<br />

der Natur): Mit zunehmender naturwissenschaftlicher<br />

Erkenntnis wurde das auf Dogmen beruhende christlich-heilsgeschichtliche<br />

Weltbild immer häufiger hinterfragt. Dabei wurde die<br />

Natur nicht mehr nur als selbstverständlicher Lebensraum empfunden,<br />

sondern vielmehr als eigentlicher Gegenstand der Betrachtung<br />

entdeckt. Die Natur wird Spiegel der Gesellschaft und bestimmt zunehmend<br />

das Denken und die Sprache. Neue Begriffe, wie „Naturschauspiel“<br />

oder „Naturgefühl“, werden genauso gebräuchlich wie<br />

der Ausdruck „Naturkatastrophe“: Zwar gab es immer elementare<br />

Gewalt, aber diese Ereignisse mit „Naturkatastrophe“ zu bezeichnen,<br />

ist modern. Wie aber das neu erfundene Kompositwort ins Bild<br />

gesetzt wurde, soll im Verlauf des Projektes ausgearbeitet und an<br />

charakteristischen Beispielen aufgearbeitet werden.<br />

Für die Veranstaltungsreihe „Bilder jenseits des Bildes“ im Hamburger<br />

Bahnhof, Berlin, erhielt das Zentrum für Literaturforschung (Dr.<br />

S. Flach) in Kooperation mit dem Museum für Gegenwart Fördermittel<br />

der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die Veranstaltung „Bilder jenseits des Bildes“ diskutierte die Aufwertung<br />

der Bilder für die Geschichte des Wissens und der Wissenschaften,<br />

in der Analyse sowohl des in Bildern repräsentierten Wissens<br />

als auch der bildlichen Repräsentation von Wissen. Dabei<br />

konzentrierte sich das Interesse der Reihe über die ästhetische und<br />

ikonographische Dimension von Bildern hinaus auf dessen Bedeutung<br />

und Funktion in den Wissenschaften, auf das Bild in seiner<br />

Darstellungs- und Visualisierungsfunktion und auf das Bild als<br />

Erkenntnismodell und -medium. Der Blick der Veranstaltungsreihe<br />

galt dabei der erkenntnisleitenden Rolle, die Bilder in den durch<br />

technische Medien bestimmten Wahrnehmungen einnehmen.<br />

Bilder<br />

jenseits des<br />

Bildes<br />

Seite 153

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