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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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Seite 118<br />

GESCHICHTE, SPRACHE UND KULTUR<br />

Doch bieten die bislang bestehenden wenigen Standardwerke zu<br />

den Minnereden (aus den 1960er Jahren stammend) lediglich ein bis<br />

heute nicht überarbeitetes Verzeichnis, eine überlieferungsorientierte,<br />

chronologische Gesamtdarstellung, die jedoch auf das 14. Jahrhundert<br />

und auf Autorennamen konzentriert ist, sowie eine eher<br />

inhaltliche Beschreibung speziell der Minneallegorien. Die Texte<br />

selbst liegen, wenn sie nicht verstreut oder an entlegenen Orten<br />

ediert wurden, überwiegend in Abdrucken von Sammelhandschriften<br />

des 15. Jahrhunderts vor. Auf diese Situation reagierend, möchte<br />

das Projekt ein Arbeitsinstrument erstellen, das neue Einblicke in<br />

die Gattung verschafft, einen schnellen und fundierten Zugriff auf<br />

das Material erlaubt und eine Grundlage für dessen weitere Erforschung<br />

bildet. Erstellt werden soll ein Handbuch, das in drei Teile<br />

gegliedert sein soll:<br />

– Einführung: Sie soll die Faszination der Minnereden im kulturellen<br />

Kontext des späten Mittelalter aufzeigen, deren narrative und<br />

deskriptive „Bausteine“ zwischen Stereotypie und Variabilität<br />

sowie den Fundus ihrer Topiken und Verfahren systematisch beschreiben.<br />

In Einzelkapiteln sollen u.a. behandelt werden: die<br />

Rolle des Ichs; die Argumente der Liebenden; Konventionen der<br />

Körperthematisierung; die Allegorien der Liebe; mediale Aspekte<br />

von Mündlichkeit versus Schriftlichkeit; textinterne Modellierungen<br />

der Minnenredengemeinschaft. Dabei soll auch jeweils kulturwissenschaftlich<br />

aufgezeigt werden, an welchen Diskursen des<br />

Spätmittelalters – etwa dem universitären der Wissensvermittlung<br />

oder dem juridischen mit seiner zunehmenden Ausdifferenzierung<br />

– die Minnereden partizipieren und wie sie sich zwischen<br />

diesen als eigenständiger Diskurs situieren. In drei Überblickskapiteln<br />

sollen schließlich die Überlieferungsarten (Einzelüberlieferung,<br />

Sammelhandschriften, Streuüberlieferung), übergreifende<br />

rhetorische Charakteristika und die mutmaßliche Funktionalität<br />

und Pragmatik der Minnereden umrissen werden.<br />

– Ein Repertorium sämtlicher heute bekannter Minnereden: in dessen<br />

Rahmen sollen die einzelnen Minnereden thematisch und –<br />

differenzierter als in früheren Verzeichnissen – inhaltlich aufgeschlüsselt<br />

und in ihren intertextuellen Relationen dargestellt werden,<br />

zusammen mit Hinweisen, was an einer Rede auffallend oder<br />

ungewöhnlich ist.<br />

– Eine Auswahledition (mit einem Gesamtumfang von ca. 9.000 Versen):<br />

Sie soll repräsentative und bisher unbekannte Minnereden<br />

zugänglich machen und dabei gerade die kürzeren und mittellangen<br />

Stücke berücksichtigen. Eine groß angelegte Neuedition aller<br />

oder auch nur der meisten Minnereden ist im Rahmen des Projektes<br />

weder machbar noch wünschenswert. Für die gegenwärtige<br />

Forschung und Lehre vordringlich ist eine reflektierte Auswahl,<br />

die das Korpus – zumindest der kürzeren und mittellangen Minnereden<br />

(bis zu ca. 800 Versen) – repräsentativ und editionsphilologisch<br />

verlässlich erschließt.

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