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Migrationsleitfaden Version 3.0

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Bei beiden Vertriebsmodellen sind Konstellationen möglich, in denen die Behörde nur<br />

einen Vertrag mit einem Vertragspartner für die Softwareüberlassung abschließen muss.<br />

In bestimmten Fällen wird der Inhaber der Rechte an einer proprietären Software diese<br />

der Behörde auch direkt überlassen. In diesem Fall handelt es sich um einen Vertrag<br />

zwischen zwei (juristischen) Personen, in dem sowohl die Überlassung der Bits und<br />

Bytes als auch die Einräumung von Nutzungsrechten geregelt sind. 29 Dies hat den<br />

Vorteil der Übersichtlichkeit und Einfachheit. Solange die Behörde die Software nur<br />

bestimmungsgemäß benutzt, hat es allerdings auch bei OSS mit einem solchen<br />

Zweipersonenverhältnis sein Bewenden. Denn bei einer bloß bestimmungsgemäßen<br />

Benutzung von OSS durch Behörden (und damit im Regelfall) werden keine Lizenzverträge<br />

mit den Rechtsinhabern abgeschlossen.<br />

Handelt es sich dagegen um ein Dreipersonenverhältnis zwischen Nutzer, Rechtsinhaber<br />

und Zwischenhändler, so sind die rechtlichen Probleme bei proprietärer Software<br />

größer. Proprietäre Software wird nicht immer im Zweipersonenverhältnis überlassen.<br />

Gerade kleinere Behörden werden Software oft nicht direkt beim Rechtsinhaber erwerben,<br />

sondern im Einzelhandel oder über sonstige lokale Dienstleister. In diesem Fall<br />

kann es ebenfalls zu Dreipersonenverhältnissen kommen, und zwar dann, wenn der<br />

Rechtsinhaber den Abschluss eines Lizenzvertrags wünscht. Anbieter proprietärer Programme<br />

verlangen regelmäßig vom Erwerber einer Standardsoftware, dass dieser neben<br />

dem Kaufvertrag mit dem Einzelhändler ein zusätzliches "End User License Agreement"<br />

(EULA) mit dem Rechtsinhaber direkt abschließt. Dieser Lizenzvertrag soll typischerweise<br />

durch das Anwählen eines "o.k."-Buttons oder die Benutzung der Software zustande<br />

kommen. 30 Die Wirksamkeit entsprechender Verträge wird von namhaften Fachautoren<br />

mit guten Argumenten verneint. 31 Gerichtsentscheidungen liegen hierzu allerdings nicht<br />

vor. Es fehlt an entsprechenden Klagen der Rechtsinhaber gegen die Kunden auf Einhaltung<br />

der oftmals restriktiven Lizenzverträge.<br />

Demgegenüber ist der Vertrieb von OSS über Einzel- oder Zwischenhändler beziehungsweise<br />

Dienstleister weniger problematisch. Solange die Behörde die Software<br />

lediglich bestimmungsgemäß benutzt, kommt es überhaupt nicht zum Abschluss eines<br />

Lizenzvertrags mit den Rechtsinhabern. Ist aber ein Lizenzvertrag erforderlich, weil die<br />

Behörde die Rechte aus der GPL oder einer anderen OSS-Lizenz wahrnehmen möchte<br />

(etwa weil man Vervielfältigungen oder Veränderungen des Programms vornehmen<br />

möchte), so wirft das dadurch entstehende Dreipersonenverhältnis weniger rechtliche<br />

Probleme auf als im Fall der EULAs. Während die OSS-Lizenz dem Nutzer Rechte<br />

einräumt, die über die bereits nach dem Gesetz erlaubte bestimmungsgemäße<br />

Benutzung hinausgehen, beschränken EULAs diese Rechte, indem Weitergabeverbote,<br />

CPU-Klauseln und Ähnliches zulasten des Nutzers vereinbart werden. Warum aber<br />

sollte ein Nutzer, der durch den Erwerb einer rechtmäßig in Verkehr gebrachten<br />

Programmkopie bereits das Recht zur bestimmungsgemäßen Benutzung gemäß §§ 69d<br />

29<br />

Vgl. z.B. die hierauf zugeschnittenen EVB-IT Überlassung Typ A, abrufbar unter<br />

http//www.kbst.bund.de/.<br />

30<br />

Vgl. zu den heute üblichen Vertragsgestaltungen in diesem Bereich exemplarisch Marly,<br />

Softwareüberlassungverträge (4. Aufl. 2003), S. 213 ff. mit zahlreichen Beispielen aus der<br />

Vertragspraxis.<br />

31<br />

So im Ergebnis auch Marly, a.a.O., S. 225; vgl. auch Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz<br />

(2. Aufl. 2006), § 69c, Rz. 33; Redeker, IT-Recht (4. Aufl. 2007), S. 170 f.<br />

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