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Migrationsleitfaden Version 3.0

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gebracht worden. Dieser erste Anschein trügt aber. Es wurde bereits darauf<br />

hingewiesen, dass manche OSS-Lizenzen, etwa die BSD-Lizenz, dem Nutzer auch das<br />

Recht einräumen, die Software einfach nur zu benutzen, das heißt, bestimmungsgemäß<br />

ablaufen zu lassen. Diese Klauseln erlangen Bedeutung, wenn sich der Nutzer nicht auf<br />

die gesetzliche Lizenz des § 69d Abs. 1 UrhG berufen kann, weil es hierfür an den<br />

Voraussetzungen fehlt. Auch die GPL, welche an sich ja die einfache Benutzung aus<br />

ihrem Anwendungsbereich ausklammert, hält für diese Situation ein Hilfsmittel<br />

zugunsten der Nutzer bereit. Ziffer 7 GPL <strong>Version</strong> 2 und Ziffer 12 GPL <strong>Version</strong> 3 verbieten<br />

den Vertrieb eines Programms unter der GPL, wenn dieses durch ein<br />

Gerichtsurteil oder auf andere Weise untersagt worden ist. In diesem Fall sollen gemäß<br />

Ziffer 4 GPL <strong>Version</strong> 2 und Ziffer 8 GPL <strong>Version</strong> 3 aber nur die Rechte des Lizenznehmers<br />

entfallen. Rechtspositionen Dritter, die vom Lizenznehmer Programmkopien<br />

erhalten haben, sollen hingegen fortbestehen, solange der Dritte die Bestimmungen der<br />

Lizenz einhält.<br />

Freilich kann das nur für die Programmteile gelten, an denen die Lizenzgeber auch tatsächlich<br />

die Rechte innehaben. Diese Programmteile dürfen weiter benutzt werden. Für<br />

die Teile des Programms, auf denen Rechte Dritter lasten, können gegen die Behörde<br />

unter den oben genannten Voraussetzungen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche<br />

geltend gemacht werden.<br />

Man stelle sich etwa folgenden Beispielfall vor. Ein Entwicklungsprojekt stellt eine<br />

umfangreiche Datenbanksoftware unter die GPL und verbreitet das Programm. Die<br />

Behörde A lädt sich die Software herunter, modifiziert sie für die besonderen Anforderungen<br />

von Behörden und vertreibt sie an die Behörden B, C und D. Stellt sich im<br />

Nachhinein heraus, dass einer der Programmierer des Projekts unsauber gearbeitet und<br />

einzelne Teile des Programms in urheberrechtlich unzulässiger Weise übernommen hat,<br />

so kann der Inhaber der Rechte an diesen Programmteilen grundsätzlich nur die<br />

Verbreitung und Benutzung dieser Programmteile untersagen. Daraus folgt, dass A die<br />

Verbreitung dieser Programmteile untersagt werden kann, nicht aber die Verbreitung der<br />

sonstigen Programmteile. Lässt sich der problematische Bestandteil ersetzen, so kann<br />

das auf diese Weise bereinigte Gesamtprogramm weiter verbreitet werden. B, C, und D<br />

kann ebenfalls nur die Benutzung der Programmteile untersagt werden, an denen<br />

Rechte Dritter bestehen. Können diese ersetzt oder gelöscht werden, etwa weil der<br />

jeweilige Benutzer diese Programmbestandteile gar nicht benötigt, so darf das Restprogramm<br />

weiterhin benutzt werden.<br />

Wo sich eine Behörde aufgrund entgegenstehender Rechte Dritter entsprechenden<br />

Ansprüchen ausgesetzt sieht, ist jeweils zu fragen, ob sie ihrerseits Ansprüche gegen<br />

ihre Vertragspartner geltend machen kann. Dies ist eine Frage der Gewährleistung<br />

(siehe auch I.B 7).<br />

5.5 Vergleich der Migration zu proprietärer Software und zu OSS<br />

Im Hinblick auf die urheberrechtlichen Fragestellungen ergeben sich aus der Sicht einer<br />

Behörde als Nutzer eine Reihe relevanter Unterschiede zwischen einer Migration zu<br />

proprietärer Software und einer Migration zu OSS.<br />

Seite 55

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