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antragsbuch_2015

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2. Russland – Der Putin-Konsens im Wandel<br />

Die 90er Jahre waren eine entscheidende Phase in der Entwicklung Russlands. Um das Land<br />

zu verstehen, ist es entscheidend anzuerkennen, dass die Wahrnehmungen der Realität aus<br />

europäischer und russischer Perspektive erhebliche Abweichungen aufweisen. Während also<br />

die Jelzin-Zeit in Russland als Phase des wirtschaftlichen Niedergangs, der Korruption und des<br />

Ausverkaufes staatlichen Eigentums verstanden wird, steht aus europäischer Sicht der Prozess<br />

der Demokratisierung im Vordergrund.<br />

Auch außenpolitisch wurde der Grundstein für andauernde Missverständnisse auf beiden Seiten<br />

gelegt. Die aus europäischer Sicht dem Sicherheitsbedürfnis der baltischen Staaten und Polen<br />

gerecht werdende NATO-Osterweiterung sorgte für Beunruhigung in Russland. Aus russischer<br />

Perspektive wurde eine Einbindung des Landes – trotz des NATO-Russland-Rates[2] –<br />

vermieden und Anerkennung für die strategischen Interessen Russlands versagt. Der Einsatz<br />

der NATO im Jugoslawienkrieg erschien Russland als Angriff auf einen Verbündeten, ebenso<br />

wie als Verstoß gegen geltendes Völkerrecht.<br />

Im Jahr 1999 begann die erste Amtszeit Wladimir Putins und mit ihr eine neue Ära der<br />

russischen Politik. Aus europäischer Sicht ist diese Zeit insbesondere durch den Abbau von<br />

Freiheitsrechten und der Unterdrückung der politischen Opposition geprägt. In Russland<br />

dominiert das Bild einer Phase des wirtschaftlichen Wachstums, in der Beschäftigung und<br />

Löhne gleichermaßen angestiegen sind. Auf diese Weise gelang es, den sogenannten Putin-<br />

Konsens zu etablieren, der zur anhaltentenden Popularität des russischen Präsidenten<br />

entscheidend beitrug. Die Bevölkerung bewertet bis heute den wirtschaftlichen Fortschritt und<br />

die außenpolitische Stärke Russlands wichtiger, als den Erhalt bürgerlicher Rechte.<br />

Durch die Phase wirtschaftlicher Schwierigkeiten vor der dritten Amtszeit Putins, die<br />

insbesondere durch fallende Rohstoffpreise ausgelöst wurde, begann dieses Konsens zu<br />

bröckeln. Das auf dem wirtschaftlichen Erfolg basierende politische System funktionierte nicht<br />

mehr reibungslos. Der Putin-Konsens geriet zunehmend unter Druck.<br />

Putin reagierte auf diese Entwicklung mit der verstärkten Betonung eines russischen<br />

Nationalgefühls. Der zunehmende Einsatz für vermeintliche und reale “russische” Interessen<br />

auch jenseits der eigenen Staatsgrenzen ist eine direkte Folge dieser Entwicklung. Der Putin-<br />

Konsens wurde auf diese Weise innerhalb der letzten Jahre wieder gestärkt. Trotz der<br />

zunehmend existenziell bedrohlichen wirtschaftlichen Entwicklung für große Teile der<br />

Bevölkerung ist die Popularität Putins ungebrochen.<br />

Diese Entwicklung vollzieht sich vor dem Hintergrund einer sich verändernden Weltordnung.<br />

Russland reagiert auf eine Verschiebung des globalen Machtpotentials in den asiatischen Raum<br />

mit einer Fokussierung der chinesisch-russischen Zusammenarbeit. Der aktuelle Konflikt<br />

zwischen Russland und dem Westen beschleunigt diesen Prozess. Über die Kooperation der<br />

BRICS-Staaten[3] wird versucht, ein eigenes Machtzentrum zu bilden, um einer monopolaren<br />

Weltordnung[4] amerikanischer Prägung entgegenzutreten. Die gegenseitige Sanktionsspirale<br />

hat zu einem neuen Tiefpunkt in den politischen Beziehungen zwischen Europa und Russland<br />

geführt.<br />

3. Die Ukraine - gefangen zwischen Europa und Russland<br />

Nach über einem Jahr Krieg in der Ukraine hat keine Seite des Konflikts ihre Ziele<br />

vollumfänglich erreicht, was die Lage nicht nur labil, sondern auch gefährlich macht.<br />

Stattdessen hat sich eine regelrechte Kriegswirtschaft entwickelt, die vom Konflikt lebt und<br />

deshalb großes Interesse an seiner Fortführung hat. Eine erneute militärische Eskalation kann<br />

somit – trotz der Fortschritte durch das Abkommen Minsk II[5] – nicht ausgeschlossen werden.<br />

Die Ukraine ist unter der neu gewählten politischen Führung entschlossen, sich aus der<br />

Hegemonie[6] Russlands zu lösen und einen eigenen Weg nach Westen zu gehen. Ihr<br />

Kriegsziel ist die Wiederherstellung der Souveränität auf dem gesamten Staatsgebiet,<br />

einschließlich der Kontrolle über die eigene Staatsgrenze im Donbass[7].<br />

Die Separatisten hingegen wünschen einen eigenen Teilstaat im Osten der Ukraine, der sich<br />

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