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antragsbuch_2015

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sondern verzögert sie bestenfalls kurzfristig. Der eigentliche Kern des Problems ist nämlich<br />

nicht monetärer, sondern realwirtschaftlicher Natur.<br />

Der Zusammenhang zwischen Löhnen und Inflation<br />

Wie wir bereits festgestellt haben, ist eine angestrebte Geldmengenerhöhung der Notenbanken<br />

dann wirkungslos, wenn Finanzintermediäre keine Zentralbankkredite nachfragen. Es gilt also,<br />

zu ergründen, weshalb kein Nachfrageanstieg trotz Leitzinsensenkung erfolgt ist. Die Ursache,<br />

weshalb trotz historisch tiefer Zinsen und Mengentenderverfahren mit Vollzuweisung bei der<br />

Vergabe von Zentralbankkrediten kein positiver Nachfrageschock eingetreten ist, liegt darin,<br />

dass Geschäftsbanken diese billigen Kredite nicht an die Realwirtschaft weiterreichen können<br />

und wollen. Zum einen bevorzugen es Banken und andere SpielerInnen aktuell, in die<br />

Finanzmärkte zu investieren, statt potentielle KundInnen zu suchen, welche gewillt sind,<br />

Sachanlagen zu tätigen und Projekte zu realisieren, was daran liegt, dass die<br />

Liberalisierungspolitik der Industriestaaten sie geradezu dazu ermuntert hat, durch<br />

Spekulationen an Märkten für vorhandene Vermögenstitel virtuelle Vermögenswerte zu kreieren,<br />

welche sich irgendwann mit einem großen Knall in Luft auflösen. Beispielhaft kann hier die<br />

Entwicklung des DAX genannt werden, der in einer ökonomisch rezessiven Lage sein<br />

Allzeithoch erreichen konnte. Andererseits rührt die fehlende Vergabe von Krediten an<br />

Unternehmen und InvestorInnen daher, dass in der Realwirtschaft eine mangelnde<br />

Güternachfrage vorherrscht. Diese ist das Ergebnis der europäischen Austeritätspolitik, welche<br />

in einer ökonomischen Krisensituation, in der ohnehin schon alle privatwirtschaftlichen<br />

AkteurInnen ihre Investitionen reduzierten und damit die Konjunktur schwächten, versuchte,<br />

auch noch die öffentlichen Haushalte zum Sparen zu zwingen. Diese Sparpolitik hat nicht nur<br />

dazu geführt, dass die Krise unnötig vertieft wurde, sondern konnte auch keine wesentlichen<br />

Erfolge in der Haushaltskonsolidierung erzielen. Verstärkt wurde der negative Effekt der<br />

Austeritätspolitik dadurch, dass man die verschuldeten Länder durch sog. Hilfsprogramme dazu<br />

zwang, die Löhne zu senken, bei gleichzeitiger Kaufkraftminderung durch<br />

Mehrwertsteuererhöhungen, sodass ein zusätzlicher Nachfrageeinbruch folgen musste. Addiert<br />

man den negativen Nachfrageeffekt der Krise auf Unternehmen, den Rückgang der Nachfrage<br />

durch Staaten infolge der Austeritätspolitik sowie den Nachfrageeinbruch durch<br />

Kaufkraftminderung in Südeuropa zusammen, so liegt es auf der Hand, weshalb die<br />

Investitionsbereitschaft in der aktuellen Lage derart gering ist: Wenn weder der öffentliche<br />

Sektor, noch private Unternehmen dazu bereit sind, Konsum zu realisieren, und die privaten<br />

Haushalte schlichtweg infolge fallender, oder jedenfalls stagnierender, Kaufkraft nicht in der<br />

Lage sind, mehr zu kaufen, bleiben Investitionen aus. Dadurch lahmt die Nachfrage nach<br />

Zentralbankgeld, und dadurch ist und bleibt die Notenbank handlungsunfähig. Stellt sich<br />

hingegen eine höhere Nachfrage des Staates ein und werden private Haushalte mit mehr<br />

Kaufkraft versorgt, so kann ein positiver Nachfrageschock realisiert, die Kreditnachfrage<br />

angekurbelt und damit Zentralbankgeldversorgung in ausreichender Höhe gewährleistet<br />

werden. Was der EZB fehlt, ist ein plausibler und empirisch evidenter Ansatz zur Erklärung von<br />

Inflation. Zwar hat die Zentralbank es verstanden, dass sie durch Erhöhung der<br />

Refinanzierungskosten und des Mindestreservesatzes Geld aus dem Markt entfernen kann und<br />

damit einen positiven Inflationstrend zu stoppen oder gar umzukehren vermag, jedoch erklärt<br />

das nicht das Wesen der Inflation selbst. Vielmehr muss die Erklärung bei den Löhnen, genauer<br />

genommen bei der Veränderung der Lohnstückkosten, ansetzen. Nachfolgende Grafik stellt den<br />

Zusammenhang zwischen der Änderung der Lohnstückkosten und der Preissteigerungsrate<br />

dar7:<br />

Eine klarere Evidenz kann es kaum geben: Steigen die Ausgaben der Unternehmen für Löhne,<br />

so kommt es zu Inflation. Insbesondere sei angemerkt, dass Deutschland aktuell als Vorbild für<br />

Krisenländer in der Europäischen Union fungieren soll. Würden jedoch alle Staaten dem Ideal<br />

Deutschlands folgen und ihre Lohnsteigerungen derart reduzieren, wie Deutschland es infolge<br />

der Agenda2010 und den darauf aufbauenden Reformen getan hat, so hätte dies<br />

gezwungenermaßen eine Verschärfung der deflationären Situation zur Folge. Vielmehr müssen<br />

die Reallöhne in Europa dauerhaft und nennenswert steigen, damit die Nachfrage durch die<br />

privaten Haushalte angekurbelt, der Anreiz für Investitionen erhöht, die Kreditnachfrage<br />

gesteigert und das Inflationsziel erreicht werden kann. Dies führt nicht, wie häufig postuliert,<br />

zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Industrie gegenüber anderen Staaten,<br />

da hier nur eine vernachlässigbar geringe Konkurrenz besteht. Vielmehr findet der mit<br />

deutlichem Abstand größte Teil des Außenhandels europäischer Länder innerhalb der<br />

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