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antragsbuch_2015

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reduziert sich auch sozialdemokratischen Politik darauf, einen verbesserten Marktzugang für die<br />

ärmsten Erdteile als Lösung zu verkaufen. Der Kapitalismus ist darauf angewiesen, 'Verlierer' zu<br />

produzieren. Erst Alternativen zu kapitalistischen Ausbeutungs-, Denk- und Machtstrukturen<br />

würden Ungleichheit wirklich beseitigen können. Viele Formen der<br />

"Entwicklungszusammenarbeit" unterbinden diese Alternativen aber, weil auch sie<br />

kapitalistischen Paradigmen unterliegen.<br />

Die lächerlich geringen Finanzmittel, die nun für Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellt<br />

werden, können nur als Hohn gegenüber den eigentlichen Forderungen wahrgenommen<br />

werden. Noch immer geben Deutschland und der Großteil der OECD Staaten nicht einmal das<br />

selbstgesteckte Minimum von 0,7% der BIPs für Entwicklungszusammenarbeit aus.<br />

Für die wenigen Ressourcen die dennoch in die Entwicklungszusammenarbeit investiert<br />

werden, scheint ein weiterer Rechtfertigungszwang zu herrschen. Insbesondere seit der<br />

Amtszeit Dirk Niebels als Entwicklungsminister hat sich eine wirtschaftliche<br />

"Rechtfertigungslogik" manifestiert. So werden Projekte und Kooperationen unter der Prämisse<br />

bewertet und gefördert, dass auch die deutsche Wirtschaft von der<br />

Entwicklungszusammenarbeit profitieren solle. Entwicklungszusammenarbeit und internationale<br />

Solidarität werden entsprechend nicht als jener Selbstzweck gewertet, der sie eigentlich sein<br />

sollten. Sinn und Zweck von Entwicklungszusammenarbeit darf aber eben nicht die heimische<br />

Wirtschaftsförderung sein. Entwicklungszusammenarbeit bedarf keiner weiteren Legitimation.<br />

Auch die entstandene "Entwicklungsindustrie", mit ihrem stetig wachsensen Netz an privaten<br />

NGOs ist entsprechend kritisch zu betrachten. In vielen Fällen wird<br />

Entwicklungszusammenarbeit als Arbeitsmarkt für qualifizierte und unqualifizierte Menschen<br />

aus dem Globalen Norden genutzt, während Menschen vor Ort leer ausgehen und nicht von<br />

Projekten und Stellen der NGOs profitieren. Es darf nicht Zweck der<br />

Entwicklungszusammenarbeit sein, möglichst viele Arbeitsplätze im Globalen Norden zu<br />

generieren.<br />

In diesem Zusammenhang bedarf es auch einer kritischen Reflexion des Begriffs "Entwicklung"<br />

und somit auch des Konzepts der "Modernisierung". Der theoretische Ansatz zur<br />

„Modernisierung“ sieht eine Übernahme des Demokratie- und Industrialisierungsmodells des<br />

Globalen Nordens als Anleitung für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung für den<br />

Globalen Süden vor. Das ökonomische System der Staaten des Globalen Nordens wird dabei<br />

als Richtlinie für diese "Modernisierung" angesehen. Anders ausgerichtete politische Systeme,<br />

Ökonomien und kulturelle Praxen werden entsprechend als "unterentwickelt" und "primitiv"<br />

herabgesetzt. Diesen Ansatz von "Entwicklung", der auf einem einseitig ausgerichteten Konzept<br />

der "Modernisierung" basiert und eine Diskreditierung anderer Staaten und Ökonomien<br />

bedeutet, lehnen wir ab.<br />

In unserem Verständnis von Entwicklung steht die Verwirklichung eines selbstbestimmten,<br />

emanzipierten Lebens in Würde für alle Menschen weltweit an oberster Stelle. Für uns ist klar,<br />

dass Entwicklungszusammenarbeit nicht aus wirtschaftlichem Kalkül oder aus einem<br />

"schlechten Gewissen" heraus erfolgen kann, sondern aufgrund gelebter internationaler<br />

Solidarität. Nur so kann die Zusammenarbeit tatsächlich auf Augenhöhe stattfinden und sich an<br />

den tatsächlichen Bedürfnissen orientieren. Grundlage ist der gemeinsame Kampf für eine<br />

sozialistische, demokratische und feministische Welt und eine nachhaltige Sicherung der<br />

Lebensgrundlage aller Menschen.<br />

Der Paradigmenwechsel muss bei den Rahmenbedingungen beginnen!<br />

Die "Entwicklungszusammenarbeit" wird - wenn auch häufig in gewandelten Formen - von<br />

nationalstaatlichen Interessen gesteuert. So wird es nicht möglich sein, aus den Macht- und<br />

Abhängigkeitsverhältnissen auszubrechen. Trotz Fortschritten in den Nachhaltigen<br />

Entwicklungszielen (SDGs) muss der Rahmen der Entstehung der Entwicklungsziele<br />

weiterentwickelt werden. Deshalb muss der Prozess fortgesetzt werden, der über die UN mit<br />

dem Monterrey Consensus begann und mit der „Paris Declaration on Aid Effectiveness“<br />

weiterging. Ihre fünf Prinzipien haben Bestand: Eigenverantwortung (Ownership),<br />

Partner*innenausrichtung (Alignment), Harmonisierung (Harmonisation), ergebnisorientiertes<br />

Management (Managing for Results), gegenseitige Rechenschaftspflicht (Accountability).<br />

Allerdings können solche Selbstverpflichtungs-Prinzipien das Problem nicht beseitigen. Sie<br />

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