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Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung - Mahs.at

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chen Seele». Das ist kein Widerspruch, sondern das eine Mal die subjektive,<br />

auf Erleben beruhende, und das andere Mal die objektiv-wissenschaftliche<br />

Aussage. Einmal spricht der Mensch, an dessen <strong>Gedanken</strong> auch ein<br />

leidenschaftliches Gefühl, Intuition und die inneren und äußeren Erfahrungen<br />

eines langen und reichen Lebens beteiligt sind. Das andere Mal redet der<br />

Forscher, dessen Aussagen die erkenntnistheoretische Grenze nicht<br />

überschreiten, sondern sich bewußt auf Fakten und auf das Beweisbare<br />

beschränken. Als Wissenschaftler war <strong>Jung</strong> Empiriker. Wenn er für sein<br />

Erinnerungsbuch <strong>von</strong> seinen persönlichen religiösen Gefühlen und Erfahrungen<br />

erzählte, so setzte er die Bereitwilligkeit der Leser voraus, ihm auf<br />

dem Wege seiner subjektiven Erlebnisse zu folgen. Aber nur derjenige kann<br />

und wird <strong>Jung</strong>s subjektive Aussage auch für sich als gültig anerkennen, der<br />

ähnliche Erfahrungen gemacht h<strong>at</strong>. Anders ausgedrückt: dessen Bild <strong>von</strong> Gott<br />

in seiner Seele ähnliche oder gleiche Züge trägt.<br />

So positiv und aktiv sich <strong>Jung</strong> an der Gestaltung der «Autobiographie»<br />

beteiligte, so kritisch und neg<strong>at</strong>iv stand er, begreiflicherweise, lange Zeit der<br />

Frage ihrer Publik<strong>at</strong>ion gegenüber. Er scheute die Reaktion des Publikums,<br />

nicht zuletzt wegen der Offenheit, mit der er seine religiösen Erlebnisse und<br />

<strong>Gedanken</strong> preis gegeben h<strong>at</strong>te. Die Anfeindungen, welche er auf sein Buch<br />

«Antwort auf Hiob» hin erfahren h<strong>at</strong>te, waren noch zu nahe, und das<br />

Unverständnis und Mißverstehen der Welt zu schmerzlich. «Ich habe dieses<br />

M<strong>at</strong>erial mein Leben lang gehütet und nie an die Welt kommen lassen wollen;<br />

denn wenn daran etwas passiert, ist man noch mehr getroffen als bei anderen<br />

Büchern. Ich weiß nicht, ob ich schon so weit weg <strong>von</strong> dieser Welt sein<br />

werde, daß die Pfeile mich nicht mehr erreichen und ich die neg<strong>at</strong>iven<br />

Reaktionen werde ertragen können. Ich habe genug am Unverstand<br />

gelitten_und_an der Isolierung, in die man kommt, wenn man Sachen sagt,<br />

die die Menschen nicht verstehen. Wenn schon das Hiob-Buch auf so viel<br />

Unverständnis gestoßen ist, so werden meine <strong>Erinnerungen</strong> noch viel<br />

neg<strong>at</strong>iver wirken. Die .Autobiographie" ist mein Leben, betrachtet im Lichte<br />

dessen, was ich erarbeitet habe. Das eine ist das andere, und damit ist die<br />

Lektüre dieses Buches schwierig für Menschen, die meine <strong>Gedanken</strong> nicht<br />

kennen oder nicht verstehen. Mein Leben ist in gewissem Sinne die<br />

Quintessenz dessen, was ich geschrieben habe und nicht umgekehrt. Wie ich<br />

bin, und wie<br />

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