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Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung - Mahs.at

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dukten des Unbewußten Mandalasymbole, d. h. Kreis - und Qu<strong>at</strong>ernitätsfiguren,<br />

welche Ganzheit ausdrücken; und wenn wir Ganzheit<br />

ausdrücken, so verwenden wir ebensolche Figuren. Unsere Basis ist das<br />

Ichbewußtsein, ein im Ichpunkt zentriertes Lichtfeld, das unsere Welt<br />

darstellt. Von hier aus schauen wir eine rätselvolle Dunkelwelt an und wissen<br />

nicht, wie weit ihre sch<strong>at</strong>tenhaften Spuren <strong>von</strong> unserem Bewußtsein<br />

verursacht werden, oder wie weit sie eigene Realität besitzen. Eine<br />

oberflächliche Betrachtung gibt sich mit der Annahme des verursachenden<br />

Bewußtseins zufrieden. Genauere Beobachtung aber zeigt, daß in der Regel<br />

die Bilder des Unbewußten nicht vom Bewußtsein gemacht werden, sondern<br />

ihre eigene Realität und Spontaneität besitzen. Trotzdem betrachten wir sie<br />

bloß als eine Art Randphänomene.<br />

Die Tendenz beider <strong>Träume</strong> geht dahin, das Verhältnis <strong>von</strong> Ichbewußtsein<br />

und Unbewußtem geradezu umzukehren und das Unbewußte als Erzeuger der<br />

empirischen Person darzustellen. Die Umkehrung weist daraufhin, daß nach<br />

der Ansicht der «anderen Seite» unsere unbewußte Existenz die wirkliche ist<br />

und unsere Bewußtseinswelt eine Art Illusion oder eine scheinbare, zu einem<br />

bestimmten Zweck hergestellte, Wirklichkeit darstellt, etwa wie ein Traum,<br />

der auch solange Wirklichkeit zu sein scheint, als man sich darin befindet. Es<br />

ist klar, daß dieser Sachverhalt sehr viel Ähnlichkeit mit dei östlichen<br />

Weltanschauung h<strong>at</strong>, insofern diese an Mäjä glaubt'.<br />

Die unbewußte Ganzheit erscheint mir daher als der eigentliche Spiritus<br />

rector alles biologischen und psychischen Geschehens. Sie strebt nach totaler<br />

Verwirklichung, also totaler Bewußtwerdung im Fall des Menschen.<br />

Bewußtwerdung ist Kultur im weitesten Sinne und Selbsterkenntnis daher<br />

Essenz und Herz dieses Vorgangs. Der Osten mißt dem Selbst unzweifelhaft<br />

«göttliche» Bedeutung bei, und nach alter christlicher Anschauung ist<br />

Selbsterkenntnis der Weg zur cognitio Dei.<br />

Die entscheidende Frage für den Menschen ist: Bist du auf Unendliches<br />

bezogen oder nicht? Das ist das Kriterium seines Lebens.<br />

• Die Unsicherheit darüber, wem oder welchem «Ort» Wirklichkeit zugesprochen<br />

werden müsse, h<strong>at</strong>te schon einmal in <strong>Jung</strong>s Leben eine Rolle gespielt: als er als Kind<br />

auf dem Stein saß und mit dem <strong>Gedanken</strong> spielte, dieser sage oder sei «Ich». Vgl. auch<br />

den bekannten Schmetterlingstraum des Dschuang-Dsi. A. J.<br />

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