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Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung - Mahs.at

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das heißt Er ist ebenso unbewußt wie er oder noch unbewußter, da Er<br />

entsprechend dem Mythus der incarn<strong>at</strong>io sich sogar veranlaßt fühlt, Mensch<br />

zu werden und sich dem Menschen zum Opfer anzubieten ...<br />

Theodore Flournoy*<br />

Während der Zeit meiner Beziehung zu Freud h<strong>at</strong>te ich in Theodore<br />

Flournoy einen väterlichen Freund gefunden. Er war schon ein alter Mann, als<br />

ich ihn kennenlernte. Leider ist er wenige Jahre später gestorben. Als ich noch<br />

Arzt am Burghölzli war, las ich sein Buch «Des Indes ä la Planete Mars», das<br />

mir großen Eindru ck machte. Ich schrieb Flournoy, daß ich es ins Deutsche<br />

übersetzen wollte. Erst nach einem halben Jahr erhielt ich die Antwort, in der<br />

er sich entschuldigte, daß meine Anfrage so lange liegen geblieben sei. Zu<br />

meinem Bedauern h<strong>at</strong>te er schon einen anderen Übersetzer bestimmt.<br />

Später besuchte ich Flournoy in Genf, und als ich allmählich erkannte, wo<br />

Freuds Grenzen lagen, fuhr ich <strong>von</strong> Zeit zu Zeit zu ihm, um mich mit ihm zu<br />

unterhalten. Es war mir wichtig zu hören, was er über Freud dachte, und er<br />

sagte sehr kluge Dinge über ihn. Er legte den Finger vor allem auf Freuds<br />

Aufklärertum, das vieles an ihm verständlich machte und auch seine<br />

Einseitigkeit erklärte.<br />

1912 veranlaßte ich Flournoy, dem Kongreß in München beizuwohnen, an<br />

dem es dann zum Bruch zwischen Freud und mir gekommen ist. Seine<br />

Anwesenheit bedeutete mir eine Unterstützung.<br />

Ich h<strong>at</strong>te in jenen Jahren - besonders nach der Trennung <strong>von</strong> Freud - das<br />

Gefühl, ich sei noch viel zu jung, um selbständig zu sein. Ich brauchte noch<br />

Anlehnung, und vor allem brauchte ich jemanden, mit dem ich offen reden<br />

konnte. Das fand ich bei Flournoy, und darum bildete er für mich bald eine<br />

Art Gegengewicht zu Freud. Mit ihm konnte ich auch über alle Probleme<br />

reden, welche mich wissenschaftlich beschäftigten, z. B. über den<br />

Somnambulis mus, über Parapsychologie und Religionspsychologie. Ich h<strong>at</strong>te<br />

damals ja niemanden, der meine Interessen in dieser Hinsicht teilte. Flournoys<br />

Auffassungen lagen ganz auf meiner Linie und gaben<br />

378<br />

• Nur in der deutschen Ausgabe.

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