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Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung - Mahs.at

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Dieses Erlebnis muß man nehmen, wie es ist oder zu sein scheint.<br />

Wahrscheinlich hing es mit dem Zustand der Emotion zusammen, in dem ich<br />

mich damals befand, und in dem sich parapsychologische Phänomene<br />

einstellen können. Es war eine unbewußte Konstell<strong>at</strong>ion, und die<br />

eigentümliche Atmosphäre einer solchen Konstell<strong>at</strong>ion war mir als Numen<br />

eines Archetypus wohlbekannt. «Es eignet sich, es zeigt sich an!» Der<br />

Intellekt möchte sich n<strong>at</strong>ürlich eine n<strong>at</strong>urwissenschaftliche Erkenntnis darüber<br />

anmaßen oder noch lieber das ganze Erlebnis als Regelwidrigkeit totschlagen.<br />

Was für eine Trostlosigkeit wäre eine Welt ohne Regelwidrigkeiten !<br />

Kurz vor diesem Erlebnis h<strong>at</strong>te ich eine Phantasie aufgeschrieben, daß die<br />

Seele mir entflogen sei. Das war mir ein bedeutsames Ereignis. Die Seele, die<br />

Anima, schafft die Beziehung zum Unbewußten. In gewissem Sinne ist es<br />

auch eine Beziehung zur Kollektivität der Toten; denn das Unbewußte<br />

entspricht dem mythischen Totenland, dem Lande der Ahnen. Wenn also in<br />

einer Phantasie die Seele verschwindet, so heißt das, sie habe sich ins<br />

Unbewußte oder ins «Totenland» zurückgezogen. Das entspricht dem sogenannten<br />

Seelenverlust, einem Phänomen, das man bei den Primitiven rel<strong>at</strong>iv<br />

häufig antrifft. Im «Totenland» bewirkt die Seele eine geheime Belebung und<br />

gibt den anzestralen Spuren, den kollektiven Inhalten des Unbewußten,<br />

Gestalt. Wie ein Medium gibt sie den «Toten» die Möglichkeit, sich zu<br />

manifestieren. Darum erschienen sehr bald nach dem Verschwinden der Seele<br />

die «Toten» bei mir, und es entstanden die «Septem Sermones ad Mortuos».<br />

Damals und <strong>von</strong> da an sind mir die Toten immer deutlicher geworden als<br />

Stimmen des Unbeantworteten, des Nicht-Gelösten und Nicht-Erlösten; denn<br />

da die Fragen und Anforderungen, die ich schicksalsmäßig zu beantworten<br />

h<strong>at</strong>te, nicht <strong>von</strong> außen an mich kamen, kamen sie eben aus der inneren Welt.<br />

So bildeten die Gespräche mit den Toten, die «Septem Sermones», eine Art<br />

Vorspiel zu dem, was ich der Welt über das Unbewußte mitzuteilen h<strong>at</strong>te:<br />

eine Art <strong>von</strong> Ordnungsschema und Deutung der allgemeinen Inhalte des<br />

Unbewußten.<br />

Wenn ich heute zurückschaue und den Sinn dessen bedenke, was mir in der<br />

Zeit meiner Arbeit an den Phantasien widerfuhr, kommt es mir vor, als sei<br />

eine Botschaft mit Übermacht an mich gekommen. Es lagen Dinge in den<br />

Bildern, die nicht nur mich angingen,<br />

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