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Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung - Mahs.at

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mein Leben ausfüllen, und ich war um dieses Zieles willen zu jedem Wagnis<br />

bereit.<br />

Was bedeutete es schon, ob ich Professor gewesen bin oder nicht? Es<br />

ärgerte mich n<strong>at</strong>ürlich, ich h<strong>at</strong>te sogar eine Wut auf das Schicksal, und es t<strong>at</strong><br />

mir in vieler Hinsicht leid, daß ich mich nicht auf das Allgemeinverständliche<br />

einschränken konnte. Aber Emotionen dieser Art sind vorübergehend. Im<br />

Grunde wollen sie nichts heißen. Das andere hingegen ist wichtig, und wenn<br />

man sich auf das konzentriert, was die innere Persönlichkeit will und sagt,<br />

dann ist der Schmerz vorbei. Das habe ich immer wieder erlebt, nicht nur, als<br />

ich auf die akademische Laufbahn verzichtete. Die ersten Erfahrungen dieser<br />

Art machte ich schon als Kind. In meiner Jugend war ich jähzornig; aber<br />

immer, wenn die Emotion auf den Höhepunkt gelangt war, kippte sie um, und<br />

dann kam die Weltraumstille. Da war ich entfernt <strong>von</strong> allem, und was mich<br />

eben noch erregt h<strong>at</strong>te, schien einer fernen Vergangenheit anzugehören.<br />

Die Konsequenz meines Entschlusses und meiner Beschäftigung mit<br />

Dingen, die weder ich noch andere verstehen konnten, war eine große<br />

Einsamkeit. Das wurde mir sehr bald klar. Ich trug <strong>Gedanken</strong> mit mir herum,<br />

über die ich zu niemandem sprechen konnte;<br />

sie wären nur mißverstanden worden. In schärfster Weise_erlebte ich den<br />

Gegens<strong>at</strong>z zwischen der äußeren und der inneren Welt. Das Zusammenspiel<br />

beider Welten, um das ich heute weiß, konnte ich damals noch nicht erfassen.<br />

Ich sah nur einen unversöhnlichen Gegens<strong>at</strong>z zwischen Innen und Außen.<br />

Es war mir aber <strong>von</strong> Anfang an klar, daß ich den Anschluß an die äußere<br />

Welt und die Menschen nur finden würde, wenn ich mich aufs Intensivste<br />

bemühte zu zeigen, daß die Inhalte der psychischen Erfahrung «wirklich»<br />

sind, und zwar nicht nur als meine persönlichen Erlebnisse, sondern als<br />

kollektive Erfahrungen, die sich auch bei anderen Menschen wiederholen<br />

können. Das habe ich später in meiner wissenschaftlichen Arbeit<br />

nachzuweisen versucht. Zunächst aber t<strong>at</strong> ich alles, um den mir<br />

Nahestehenden eine neue maniere de voir beizubringen. Ich wußte, daß ich zu<br />

absoluter Einsamkeit verdammt wäre, wenn mir das nicht gelänge.<br />

Erst gegen Ende des Ersten Weltkrieges kam ich allmählich aus der<br />

Dunkelheit heraus. Zwei Dinge waren es, die dazu beitrugen, die Luft zu<br />

klären: Ich brach die Beziehung zu der Dame ab, die mir suggerieren wollte,<br />

meine Phantasien hätten künstlerischen<br />

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