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Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung - Mahs.at

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Vorstellungen dieser Art sind n<strong>at</strong>ürlich inkorrekt und geben ein<br />

ungenügendes Bild, wie ein in die Fläche projizierter Körper oder wie,<br />

umgekehrt, die Konstruktion eines vierdimensionalen Gebildes aus einem<br />

Körper. Sie bedienen sich der Bestimmungen einer dreidimensionalen Welt,<br />

um sich zu veranschaulichen. Wie die M<strong>at</strong>hem<strong>at</strong>ik es sich nicht verdrießen<br />

läßt, einen Ausdruck für Verhältnisse zu schaffen, die alle Empirie<br />

übersteigen, so gehört es auch zum Wesen einer disziplinierten Phantasie,<br />

Bilder des Unanschaulichen nach logischen Prinzipien und auf Grund<br />

empirischer D<strong>at</strong>en, z. B. der Traumaussagen, zu entwerfen. Die dabei<br />

verwendete Methode ist die der «notwendigen Aussage», wie ich sie genannt<br />

habe. Sie stellt das Prinzip der Amplifik<strong>at</strong>ion in der Traumdeutung dar, kann<br />

aber am leichtesten durch die Aussagen der einfachen ganzen Zahlen<br />

demonstriert werden.<br />

Die Eins ist als erstes Zählwort eine Einheit. Sie ist aber auch «die Einheit»,<br />

das Eine, das All-Eine, Einzige und Zweitlose - kein Zählwort, sondern eine<br />

philosophische Idee, oder ein Archetypus und Gottes<strong>at</strong>tribut, die Monas. Es<br />

ist schon richtig, daß der menschliche Verstand diese Aussagen macht, aber er<br />

ist bestimmt und gebunden durch die Vorstellung der Eins und ihrer<br />

Implik<strong>at</strong>ionen. Es sind, mit anderen Worten, keine willkürlichen Aussagen,<br />

sondern sie sind durch das Wesen der Eins determiniert und darum<br />

notwendig. Die gleiche logische Oper<strong>at</strong>ion ließe sich theoretisch an allen<br />

folgenden individuellen Zahlenvorstellungen vollziehen, kommt aber<br />

praktisch bald zum Ende wegen der rasch ansteigenden Anzahl <strong>von</strong><br />

Komplik<strong>at</strong>ionen, die unübersehbar wird.<br />

Jede weitere Einheit bringt neue Eigenschaften und Modifik<strong>at</strong>ionen. So z.<br />

B. ist es eine Eigenschaft der Zahl Vier, daß Gleichungen vierten Grades noch<br />

aufgelöst werden können, diejenigen fünften Grades jedoch nicht. Eine<br />

«notwendige Aussage» der Zahl Vier ist also, daß sie Höhepunkt und<br />

zugleich Ende eines vorhergehenden Anstiegs ist. Da mit jeder weiteren<br />

Einheit eine oder mehrere neue Eigenschaften m<strong>at</strong>hem<strong>at</strong>ischer N<strong>at</strong>ur<br />

auftreten, komplizieren sich die Aussagen derart, daß sie nicht mehr<br />

formuliert werden können.<br />

Die unendliche Zahlenreihe entspricht der unendlichen Zahl individueller<br />

Geschöpfe. Sie besteht ebenfalls aus Individuen, und schon die Eigenschaften<br />

ihrer zehn Anfangsglieder stellen - wenn überhaupt etwas - eine abstrakte<br />

Kosmogonie aus der Monas d ar. Die Eigenschaften der Zahlen sind aber auch<br />

zugleich Eigenschaf-<br />

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