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Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung - Mahs.at

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darum eine Art Vorspiel zu meinem Buch «Wandlungen und Symbole der<br />

Libido».<br />

Dies war der Traum: Ich war in einem mir unbekannten Hause, das zwei<br />

Stockwerke h<strong>at</strong>te. Es war «mein Haus». Ich befand mich im oberen Stock.<br />

Dort war eine Art Wohnzimmer, in welchem schöne alte Möbel im<br />

Rokokostil standen. An den Wänden hingen kostbare alte Bilder. Ich<br />

wunderte mich, daß dies mein Haus sein sollte und dachte: nicht übel! Aber<br />

da fiel mir ein, daß ich noch gar nicht wisse, wie es im unteren Stock aussähe.<br />

Ich ging die Treppe hinunter und gelangte in das Erdgeschoß. Dort war alles<br />

viel älter, und ich sah, daß dieser Teil des Hauses etwa aus dem 15. oder aus<br />

dem 16. Jahrhundert stammte. Die Einrichtung war mittelalterlich, und die<br />

Fußböden bestanden aus rotem Backstein. Alles war etwas dunkel. Ich ging<br />

<strong>von</strong> einem Raum in den anderen und dachte: Jetzt muß ich das Haus doch<br />

ganz explodieren! Ich kam an eine schwere Tür, die ich öffnete. Dahinter<br />

entdeckte ich eine steinerne Treppe, die in den Keller führte. Ich stieg<br />

hinunter und befand mich in einem schön gewölbten, sehr altertümlichen<br />

Raum. Ich untersuchte die Wände und entdeckte, daß sich zwischen den<br />

gewöhnlichen Mauersteinen Lagen <strong>von</strong> Backsteinen befanden; der Mörtel<br />

enthielt Backsteinsplitter. Daran erkannte ich, daß die Mauern aus römischer<br />

Zeit stammten. Mein Interesse war nun aufs höchste gestiegen. Ich<br />

untersuchte auch den Fußboden, der aus Steinpl<strong>at</strong>ten bestand. In einer <strong>von</strong><br />

ihnen entdeckte ich einen Ring. Als ich daran zog, hob sich die Steinpl<strong>at</strong>te,<br />

und wiederum fand sich dort eine Treppe. Es waren schmale Steinstufen, die<br />

in die Tiefe führten. Ich stieg hinunter und kam in eine niedrige Felshöhle.<br />

Dicker Staub lag am Boden, und darin lagen Knochen und zerbrochene<br />

Gefäße wie Überreste einer primitiven Kultur. Ich entdeckte zwei offenbar<br />

sehr alte und halb zerfallene Menschenschädel. - Dann erwachte ich.<br />

Was Freud an diesem Traum vor allem interessierte, waren die beiden<br />

Schädel. Er kam immer wieder auf sie zu sprechen und legte mir nahe, in<br />

ihrem Zusammenhang einen Wunsch herauszufinden. Was ich denn über die<br />

Schädel dächte? Und <strong>von</strong> wem sie stammten? Ich wußte n<strong>at</strong>ürlich genau,<br />

worauf er hinauswollte: daß hier geheime Todeswünsche verborgen seien. -<br />

Ja, was will er denn eigentlich? dachte ich bei mir. Wem soll ich denn den<br />

Tod wünschen ? - Ich empfand heftige Widerstände gegen eine solche Interpret<strong>at</strong>ion<br />

und h<strong>at</strong>te auch Vermutungen, was der Traum wirklich be-<br />

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