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Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung - Mahs.at

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Gesellschaft schlafen gehen. Er aber wollte «noch einen und noch einen und<br />

noch einen».<br />

Ich erinnerte mich, daß einer meiner Landsleute, nämlich einer der beiden<br />

Vettern Sarasin, auf ihrer Forschungsreise in Celebes bei einem solchen<br />

N'goma <strong>von</strong> einem Speere, der sich befreit h<strong>at</strong>te, getroffen worden war. So<br />

rief ich, ungeachtet der Bitten des Häuptlings, die Leute zusammen, verteilte<br />

Zigaretten und machte dann die Geste des Schlafens. Darauf schwang ich,<br />

bedrohlich, jedoch lachend, meine Rhinozerospeitsche und fluchte sie aus<br />

Mangel eines Besseren mit lauter Stimme auf Schweizerdeutsch an, jetzt sei<br />

es genug, sie sollten heim ins Bett und schlafen. Die Leute merkten n<strong>at</strong>ürlich,<br />

daß ich den Zorn nur spielte, aber gerade das war anscheinend das Richtige.<br />

Allgemeines Gelächter erhob sich; mit hohen Bocksprüngen stoben sie<br />

auseinander und verschwanden nach verschiedenen Richtungen in die Nacht.<br />

Noch lange hörten wir ihr Gejohle und Trommeln aus der Ferne. Endlich tr<strong>at</strong><br />

Stille ein, und wir fielen in den Schlaf der Erschöpften.<br />

In Rejäf, am Nil, kam unser Treck zu Ende. Wir verstauten uns dort in<br />

einem Heckraddampfer, der wegen niederen Wasserstandes Rejäf nur gerade<br />

noch anlaufen konnte. Nachgerade fühlte ich mich belastet <strong>von</strong> der Fülle des<br />

Erlebten. Tausend <strong>Gedanken</strong> umschwirrten mich, und es wurde mir peinlich<br />

klar, daß meine Fähigkeit, neue Eindrücke aufzunehmen und das uferlose<br />

Meer meiner <strong>Gedanken</strong> zu umfassen, sich rasch dem Ende näherte. Das<br />

zwang mich dazu, alle meine Beobachtungen und Erlebnisse noch einmal<br />

Revue passieren zu lassen, um ihre inneren Zusammenhänge festzuhalten.<br />

Alles Bemerkenswerte h<strong>at</strong>te ich aufgeschrieben.<br />

Meine <strong>Träume</strong> h<strong>at</strong>ten während der ganzen Reise hartnäckig an ihrer Taktik<br />

festgehalten, Afrika zu negieren, indem sie sich ausschließlich mit<br />

heim<strong>at</strong>lichen Szenen illustrierten und damit den Eindruck erweckten, daß sie<br />

die Afrikareise nicht eigentlich als etwas Wirkliches, sondern vielmehr als<br />

eine symptom<strong>at</strong>ische bzw. symbolische Handlung betrachteten, wenn es<br />

gest<strong>at</strong>tet ist, die unbewußten Vorgänge so weit zu personifizieren. Diese<br />

Annahme wurde mir allerdings nahegelegt durch die anscheinend absichts -<br />

volle Beiseiteschiebung auch der eindrucksvollsten äußeren Begebnisse. Nur<br />

ein einziges Mal während der ganzen Reise h<strong>at</strong>te ich <strong>von</strong> einem Neger<br />

geträumt. Sein Gesicht kam mir merkwürdig bekannt vor, aber ich mußte<br />

lange nachdenken, bis ich herausfinden<br />

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